Obdachlose sind ein Teil unserer Stadt!

Mehr als 1.100 Notübernachtungsplätze in diesen Winter   

Neuer Warte- und Wärmeraum mit nächtlichem Kulturprogramm

von Elke Breitenbach, Senatorin für Integration, Arbeit und Soziales

Der Winter ist für obdachlose Menschen die härteste Zeit, denn wer bei Kälte und Frost auf der Straße übernachtet, riskiert sein Leben. Damit es keine Kältetoten gibt, haben wir die Zahl der Notübernachtungsplätze in den vergangenen Jahren weiter erhöht und den Zeitraum ihrer Nutzung erweitert.

Nun können Menschen ohne Obdach von Oktober bis April in warmen Notübernachtungen schlafen, von November bis März stehen mehr als 1.100 Plätze der Kältehilfe zur Verfügung. Dort bekommen die Menschen warme Getränke und warmes Essen, manche Einrichtungen bieten Duschen, Friseur, Kleiderkammern und Sozialberatungen an.

Hilfsorganisationen und Ehrenamtliche sind in den kalten Monaten mit dem Wärme- und Kältebus unterwegs, um obdachlosen Menschen zu helfen und sie in Notquartiere und Nachtcafés zu bringen. Es gibt eine Hotline der Kältehilfe, eine Koordinierungsstelle und eine App mit allen Angeboten.

Manche Obdachlose meiden diese Notübernachtungen aus unterschiedlichen Gründen, etwa weil sie psychisch krank oder suchterkrankt sind oder auch weil sie ihre Tiere nicht mit in die Unterkunft bringen können. Diese Obdachlosen übernachten selbst bei Frost auf der Straße. Wir wissen, wie schwer es ist, diese Menschen mit unseren Hilfsangeboten zu erreichen und sie in das vorhandene Netzwerk zu integrieren.

Nachdem wir obdachlosen Menschen im vergangenen Winter in Kooperation mit den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) zwei U-Bahnstationen als Kältebahnhöfe angeboten haben, gehen wir in diesem Winter einen neuen Weg. Denn U-Bahnhöfe sind im Winter keine geeigneten Schlafplätze für Obdachlose.

Im Kreuzberger Kultur- und Sozialzentrum Gitschiner 15, tagsüber ein Treffpunkt für Obdachlose und andere Menschen mit wenig Geld, wurde Mitte November erstmals ein Warte- und Wärmeraum für obdachlose Menschen eröffnet.

Die Sozialgenossenschaft Karuna wird in ihrem Übernacht-Café, so der Name, den bedürftigen Menschen ab 22 Uhr nicht nur einen warmen Ort mit Essen und Getränken anbieten, sondern auch ein Kulturprogramm. Kleine Konzerte, Film- und Kochabende sind geplant, Sozialarbeiter sind die Nacht über anwesend. Und Nachbarn, die helfen wollen, sind dort willkommen.

Das Übernacht-Café ist ein weiterer wichtiger Schritt, das bestehende Hilfesystem für obdachlose Menschen zu erweitern und ihren Bedürfnissen anzupassen. Wir müssen den Weg zu ihnen finden! Nach 20 Jahren haben wir deshalb die Leitlinien zur Wohnungslosenpolitik mit allen beteiligten Akteuren erneuert. Auch die Berliner Bezirke handeln nun einheitlich, denn vor allem in Innenstadtbezirken wie Mitte, Friedrichshain-Kreuzberg und Charlottenburg-Wilmersdorf ist ein abgestimmtes Vorgehen im Sinne der obdachlosen Menschen wichtig. Engagierte Straßensozialarbeit ist in diesem Falle sinnvoller und erfolgreicher für diese Menschen als der alleinige Einsatz von Polizei und Ordnungsamt!

Mit den neuen Leitlinien gibt es jetzt endlich ein gemeinsames gesamtstädtisches Konzept, um Wohnungslosigkeit zu bekämpfen und Obdachlosigkeit zu verhindern.

Und es geht weiter: Am 29. Januar 2020 werden wir erstmals in der bundesdeutschen Geschichte die obdachlosen Menschen in unserer Stadt zählen - und wir suchen dafür noch viele freiwillige Helferinnen und Helfer! Die Struktur der obdachlosen und wohnungslosen Menschen hat sich verändert und wir wollen jetzt wissen, woher diese Menschen kommen, welche Sprachen sie sprechen und welches Geschlecht sie haben. Nur so können wir die Hilfe für sie organisieren und ihre Situation verbessern. Im besten Falle, so unser Ziel, schaffen wir es, sie von der Straße zu holen. Mit unserem Pilotprojekt „Housing first!“ (Zuerst ein Zuhause!) gehen wir den richtigen Weg!  

Die Zählung der Obdachlosen nennen wir Nacht der Solidarität. Denn wenn es um die obdachlosen Menschen geht, haben wir eine klare Meinung: Berlin ist bunt und vielfältig. Und alle Menschen dieser Stadt, die in Not sind, bekommen unsere Solidarität, unsere Hilfe und Unterstützung - unabhängig davon, wo sie herkommen!