Wider die grenzenlose Gier

77 Prozent der Berlinerinnen und Berliner sind laut einer aktuellen Forsa-Umfrage dafür, dass dem beschlossenen Mietendeckel noch schärfere Maßnahmen zur Seite gestellt werden. Mehr als die Hälfte hat Sorge, sich in absehbarer Zeit das Wohnen in der Stadt nicht mehr leisten zu können. Jede und jeder Vierte mit einem Haushaltsnettoeinkommen unter 1500 Euro sagt, bereits jetzt die Miete nicht mehr zahlen zu können.

In dem Dokumentarfilm „Push - Für das Grundrecht auf Wohnen« zeigt der Filmemacher Fredrik Gerrten, dass in den großen Metropolen der Welt Menschen mit den gleichen Problemen zu kämpfen haben. Und dass die Gentrifizierung sozusagen die Ausdrucksform eines tiefgehenden Problems ist, das die Politik zu lösen hat, da der Markt, der vielbeschworene, es keinesfalls wird lösen können. Im Gegenteil: Seit der Finanzkrise 2008, aus der Spekulanten und Hedgefonds, die in Betongold machen, als Sieger hervorgegangen sind, ist das Menschenrecht auf Wohnen zur Spielmasse von Finanzjongleuren verkommen – dereguliertes Finanzkapital marodiert durch die Großstädte und im Ergebnis werden Menschen vertrieben oder obdachlos.

Die neuen Player am Berliner Wohnungsmarkt heißen zum Beispiel Pears, eine britische Milliardärsfamilie. Wenn diese Leute bauen, hilft das niemandem weiter. Schon gar nicht der Stadt und ihren Menschen.

Umso mehr verwundert es, dass sich die Berliner Opposition gegen alle Maßnahmen stemmt, die wir gegen steigende Mieten und Wohnraummangel ergreifen. So auch gegen den Mietendeckel, der im Zusammenwirken mit Milieuschutz und Enteignungen dazu beitragen soll, dass die Bodenrichtwerte, zum Beispiel in Berlin-Mitte, nicht weiter in den Himmel jagen. Besser wäre, die Opposition distanzierte sich erst einmal klar vom Geschäftsgebaren solcher Unternehmen wie Deutsche Wohnen oder solcher Leute wie die Pears-Familie und erkennt die Sozialpflichtig des Eigentums an. Wir sind es leid, dass Gewinne privatisiert und Verluste vergesellschaftet werden. Wir sind die Kultur der Verantwortungslosigkeit leid. Wir wollen für das, was wir jetzt tun und anschieben, auch in zehn Jahren geradestehen können.

Weltweit sind große Kapitalmengen unterwegs auf der Suche nach Anlagemöglichkeiten. Wenn die Politik nicht „Halt!“ sagt und die gesetzlichen Grundlagen dafür schafft, dass dieses Stopp-Schild unüberwindbar wird, werden die Anleger ganz bestimmt nicht freiwillig auf künftige Rendite verzichten. Gier ist nicht heilbar. Man kann ihr nur Einhalt gebieten.

 

Carola Bluhm