Carolin Haupt: Berlin muss eine Stadt für alle bleiben

"Die erforderlichen 170 000 Unterschriften für den Volksentscheid zur Vergesellschaftung von Deutsche Wohnen und anderer Immobilienriesen trotz Corona-Pandemie zu erreichen, würde mich sehr glücklich machen und stolz auf uns Berliner*innen", sagt Carolin Haupt. "Es wäre ein Akt gelebter Demokratie und ein nicht zu überhörendes Signal an die Politik, im Sinne der mehrheitlichen Mieter*innen zu agieren, statt im Interesse der profitorientierten Immobilienwirtschaft." Der Mietendeckel der DIE LINKE habe ihr gezeigt, dass auf anhaltende und sich verschärfende Probleme wie den Wohnungsmarkt in Berlin tatsächlich radikale und mutige Maßnahmen auf politischer Ebene durchgesetzt werden können.  Diese Erfahrung stimme sie auch zuversichtlich, dass eine Kampagne wie "Deutsche Wohnen und Co enteignen" wirklich gelingen kann. Die 33-jährige ist Mitglied des Kiezteams Berlin-Mitte, das wie in allen anderen Stadtbezirken extra für die Unterschriftensammlung des Volksentscheids gegründet wurde.

In Rathenow geboren, in Prenzlauer Berg und Friedrichshain aufgewachsen, kehrte sie 2019 nach zwölf Jahren Studium und Arbeit in Leipzig, Zürich und Hannover nach Berlin zurück, wurde Mitglied der DIE LINKE und zugleich Bürgerdeputierte. "Wieder heimgekehrt, liegt mir viel daran, Berlin als einen für alle offenen, diversen und lebenswerten Ort zu bewahren", erklärt das Ensemblemitglied der "Schaubühne", "und das geht nur, wenn es eine Stadt für alle bleibt". Ihr Lebenspartner Lorenz Just hatte schon im vergangenen Jahr den Roman "Am Rand der Dächer" veröffentlicht, in dem er über die ersten Schritte der Gentrifizierung Berlins in den 1990-er Jahren schreibt. "Wir leben mit unserem Sohn in Mitte in einer Mehr-Generationen-WG gemeinsam mit zwei Alt-Berliner*innen, für die ein Umzug aus ihrer mittlerweile zu großen Wohnung in eine kleinere, aber deutlich teurere im Kiez nicht in Frage kam."

Dass hingegen Deutsche Wohnen 2019 eine Dividenden-Ausschüttung von 350 Millionen Euro hatte - was bedeutet, dass die Mieter*innen  monatlich 177 Euro ihrer Miete nur ins Portemonnaie  der Aktionäre gezahlt haben -  sorgt bei Carolin Haupt gleichermaßen für Wut und Entschlossenheit:  "Mit Wohnraum zu spekulieren ist asozial und muss unbedingt von der Politik unterbunden werden.“ Das zeige sich in der Pandemie jetzt besonders drastisch. "Unsere Kampagne ist darauf die beste Antwort".                                                                                                                                      

Matthias Herold