Durch Beschlagnahme Obdachlosigkeit verhindern

Im Wedding droht Daniel Z. mitten im Winter eine Zwangsräumung

Daniel Z., der seit über 30 Jahren in der Transvaalstraße im Wedding wohnt und wegen des untragbaren Zustands seiner Wohnung die Miete gemindert hat, bekam im letzten Jahr eine Kündigung, die gerichtlich bestätigt wurde. Eine Zwangsräumung konnte durch ein ärztliches Attest bis zum 31.Januar 2020 verschoben werden.

„Wir wollen verhindern, dass Daniel mitten im Winter auf die Straße gesetzt wird. Deshalb fordern wir, die drohende Zwangsräumung und die damit verbundene Obdachlosigkeit durch eine vorübergehende Übernahme der Wohnung durch den Bezirk zu verhindern“, erklärt Maja Prause von der Stadtteilinitiative „Hände weg vom Wedding“. Auf der Kundgebung direkt vor dem Eingang zum Rathaus Mitte waren ungefähr 30-40 Teilnehmer. Die meisten gingen anschließend hinein zur Bezirksverordnetenversammlung (BVV), denn gleich zu Beginn gab es eine Einwohneranfrage zu Obdachlosigkeit und Wohnungsbeschlagnahme.

Katharina Mayer von der LINKEN antwortete, dass Zwangsräumungen eine Verletzung des Menschenrechts auf Wohnen sind. Sie hat bei einem Treffen mit „Hände weg vom Wedding“ und dem Betroffenen, Daniel Z., einen entsprechenden Antrag auf Beschlagnahme erarbeitet und brachte ihn in die BVV ein. Er wurde mit den Stimmen von Linken, Grünen und Piraten sowie zwei der SPD mehrheitlich angenommen. CDU und AfD stimmten dagegen.

Katharina Mayer stützt ihren Antrag auf ein Gutachten, das der Wissenschaftliche Dienst des Berliner Abgeordnetenhauses im Auftrag der Linksfraktion im Februar 2019 erstellt hat. Dort heißt es: „Die Ordnungsbehörden sind …. befugt, durch eine ordnungsrechtliche Beschlagnahme von Wohnraum auf der Grundlage von § 17 Abs. 1 ASOG …. eine unmittelbar drohende Obdachlosigkeit zu verhindern.“

Bezirksstadtrat Ephraim Gothe (SPD) erklärte allerdings: Da der Bezirk in der Lage sei, eine Person, die zwangsgeräumt wird, unterzubringen, könne die Wohnungsbeschlagnahme nicht zur Anwendung kommen. Mit Recht argumentiert die Weddinger Initiative dagegen, dass die Unterbringung in Wohnungslosen-unterkünften nichts mit menschenwürdigem Wohnen zu tun habe. Tatsächlich hat der erst vor wenigen Tagen veröffentlichte Jahresbericht des Deutschen Instituts für Menschenrechte festgestellt, dass die allzu geringen Standards, die an diese Unterkünfte angelegt werden, mit dem Recht auf menschenwürdiges Wohnen nicht vereinbar seien.

Rainer Scholz