Am 1. September begingen wir den Antikriegstag

Lange überwog ein Blick zurück. Doch zunehmend blicken wir an diesem Tag sorgenvoll in die Zukunft. Am 1. Oktober 2021, so heißt es in einer Studie des ernst zu nehmenden US-Thinktank "International Institute for Stratetic Studies", beginnt ein Krieg in Europa. Letzteres ist (vorerst) nur der fiktive Inhalt dieses von Politik- und Militärexperten entworfenen Papiers. Danach werden zuerst litauische und polnische Regierungs-, Medien- und Militärnetzwerke angegriffen. Russische Truppen rücken in die kleine baltische Republik ein. Die östliche Ostsee wie der Himmel über dem Kampfgebiet gehören den Angreifern. Es sind wie immer die Russen.

2021 begehen wir den 80. Jahrestag des deutschen Überfalls auf die Sowjetunion. Am 31. August 1941 kam der erste Transport sowjetischer Kriegsgefangener im KZ Sachsenhausen an. Der ehemalige deutsche Häftling Emil Büge berichtete: "Am Abend begann man, im geschlossenen Fahrzeug ... Gruppen von je 20 Mann ... zum Industriehof zu bringen. Um Mitternacht waren alle Russen ermordet. Kurz darauf flammten die vier transportablen Öfen des Krematoriums auf."

Im Barbarossa-Gerichtsbarkeitsbefehl war für den Umgang mit der sowjetischen Bevölkerung festgelegt: "Für Handlungen, die Angehörige der Wehrmacht und des Gefolges gegen feindliche Zivilpersonen begehen, besteht kein Verfolgungszwang, auch dann nicht, wenn die Tat zugleich ein militärisches Verbrechen oder Vergehen ist."

So fielen letztlich 27 Millionen sowjetische Menschen dem deutsch-faschistischen Vernichtungskrieg zum Opfer. Doch hierzulande regiert Geschichtsvergessenheit. Wieder wird die Angst vor "dem Russen" geschürt. Zugleich stehen deutsche Panzer im Baltikum, Sanktionen bestimmen die deutsche Russlandpolitik und dem ansonsten medial durchaus als minderbemittelt gescholtenen Trump wird in puncto Russland und China nicht widersprochen. Es ist ja auch normal, die Gefahr eines atomaren Infernos heraufzubeschwören.

Ellen Brombacher