Brauchen wir eine europäische Arbeiterkammer?

In der EU können Beschäftigte seit langem ihren Arbeitsort frei wählen. Trotzdem widmen sich Maßnahmen zur Verbesserung des europäischen Binnenmarktes, wenn überhaupt, nur selten den Belangen der Beschäftigten. Das führt zu Ausbeutung und Sozialdumping. In vielen Ländern gibt es keine gewerkschaftlichen Strukturen, um sich dem entgegen zu stemmen oder sie wurden im Verlauf der Wirtschafts- und Finanzkrise stark geschwächt. Zwar gibt es Initiativen wie z.B. Arbeit und Leben e.V., die sich bemühen, von Ausbeutung Betroffene zu beraten und Rechtsbeistand zu leisten. Jedoch gibt es solche Initiativen nicht in jedem Land und sie haben auch nicht die Mittel, flächendeckend Unterstützung zu leisten.

Zuletzt hat sich die EU darum bemüht, die behördliche Zusammenarbeit zwischen den Ländern bei z.B.  Scheinentsendung zu erleichtern und deshalb soll es ab 2019 eine neue europäische Arbeitsbehörde geben. Die Bedürfnisse der Beschäftigten werden von ihr aber nur indirekt wahrgenommen. Darum haben sie gegenüber Unternehmen immer noch klare Nachteile beim Zugang zu Informationen über ihre Rechte im EU-Ausland. Unternehmen können sich zur Beratung an ihre Handelskammer wenden, im Gegensatz dazu fehlen Arbeitnehmer*innen oft die Ansprechpartner vor Ort.

Darum sollten wir uns fragen, ob wir auch eine europäische Arbeiterkammer brauchen, um unsere Rechte als Arbeitnehmer*innen in der EU zu verteidigen. Die Idee einer Arbeiterkammer ist nicht neu, in Österreich gibt es sie bereits seit langem. Auch in Bremen und dem Saarland gibt es ähnliche Einrichtungen. Wie in Österreich könnte die Rolle der europäischen Arbeiterkammer darin bestehen, die Interessen der Beschäftigten zu schützen, ihnen in rechtlichen Fragen zur Seite zu stehen und auf die Gesetzgebung Einfluss zu nehmen.

Die europäische Arbeiterkammer könnte auch komplimentär zu Gewerkschaften als Anlauf- und Informationsstelle im EU-Binnenmarkt dienen und als „Think Tank“ die politische Interessenvertretung in Brüssel unterstützen. Unternehmen machen sich die EU schon lange zu Nutze, oft zum Nachteil der Beschäftigten. Es wäre doch an der Zeit, dass wir dem auch solidarische Einrichtungen wie eine Arbeiterkammer gegenüberstellen.

BO Brüssel