Bürger*innenbeteiligung - nur wenn’s genehm ist?

Die Novemberausgabe der Zeitung „MieterEcho“, herausgegeben von der Berliner MieterGemeinschaft e.V., befasst sich mit der Frage, ob in Berlin die Neubauziele bereits Makulatur sind. Ein kritischer Artikel, der beleuchtet, wo es in der Wohnungspolitik überall hakt und knirscht. Eine erstaunliche Wende nimmt der Text nach der Zwischenüberschrift „Bürgerprotest verhindert Wohnungsbau“. Die steile These: Auf der Fischerinsel, einer „politischen Hochburg der Partei DIE LINKE“, wird die Schaffung preiswerten Wohnraums durch Proteste der Anrainer*innen verzögert, wenn nicht sogar verhindert.

Vernachlässigen wir mal die Parteienpolemik, obwohl es an sich schmeichelhaft ist, dass ausgerechnet in linken Hochburgen anstrengende demokratische Mitbestimmung und Bürger*innenbeteiligung stattfindet. Verwunderlich ist, dass in dem Moment, da das Ergebnis des Beteiligungsverfahrens - das im übrigen vor allem deshalb so turbulent war, weil es zu spät ernsthaft genug betrieben wurde – nicht dem eigenen Wunschkatalog entspricht, die ganze schöne Demokratie infrage gestellt wird. Wollen wir uns im Umkehrschluss künftig aussuchen, ob wir uns einem hart und konstruktiv erstrittenen Votum der Bürger*innen verpflichtet fühlen oder nicht? Und wenn es uns nicht in den Kram passt, den Leuten sagen: Schön, dass ihr euch gemüht habt, hoffentlich hat’s Spaß gemacht, aber erwartet nicht, dass wir die Ergebnisse der Interessensaushandlung in unser Handeln einbeziehen.

Für mich und meine Partei ist Bürger*innenbeteiligung keine Alibiveranstaltung, bei der die Stadtgesellschaft, weil es sich gut macht, hin und wieder zur Audienz geladen wird. Sie ist nicht lästig und ihre Ergebnisse, wenn sie demokratisch und in einem fairen Aushandlungsprozess zustande kommen, sind nicht verhandelbar. Im konkreten Fall Fischerinsel heißt das: Die Einbeziehung der Anwohner*innen ließ zu Beginn zu wünschen übrig, das hat Nerven und Zeit gekostet. Trotzdem ist es dann gelungen – weil alle Beteiligten wirklich konstruktiv waren -  eine auch für die ganze Stadt gute Lösung zu finden. Dabei hat sowohl die Bürger*inneninitiative als auch die WBM einen bemerkenswerten Weg zurückgelegt. Von „alles muss schön grün bleiben“ auf der einen und „möglichst hoch hinaus“ auf der anderen Seite hin zu einem Entwurf, bei dem zwar tatsächlich weniger Wohnungen entstehen werden als ursprünglich geplant, es dafür aber gelungen ist, gemeinsam eine für alle Beteiligten akzeptable und – wie ich finde – richtig gute Entscheidung zu treffen.

Carola Bluhm

 

Foto: Blauraum Architekten GmbH