Corona und die Demokratie

Der abrupte weitgehende Stillstand unseres öffentlichen Lebens, der durch die Pandemie erforderlich wurde, hat natürlich auch Auswirkungen auf die Demokratie, auf unsere Möglichkeiten Politik zu machen. Das sind ganz praktische: unsere Arbeit als Abgeordnete und Verordnete wird nun weitgehend in den digitalen Raum verlegt. Videokonferenzen statt Sitzungen, die Verwaltungen weitgehend im Home Office, Treffen mit Akteuren aus der Stadt fallen aus. Die meisten Ausschüsse im Abgeordnetenhaus tagen derzeit nicht. Wir prüfen Möglichkeiten, auch diese durch digitale Formate zu ersetzen. Das ist nicht einfach, denn ein Parlament ist der Raum der öffentlichen Rede und des konkreten Dialogs. Für die verfassungsmäßigen Gremien des Parlaments ist in der Regel die physische Präsenz vorgeschrieben. Das gilt auch für die Plenarsitzung. Wenn wir die Hygienevorgaben des Robert-Koch-Institutes einhalten, ist nicht mehr genug Platz im Plenarsaal. Dieser ist nun schon umgebaut worden, es passen einfach nicht alle hinein. Auch hier tüfteln die Fraktionen und die Verwaltung des Abgeordnetenhauses derzeit Lösungen aus.

Denn eins ist klar: auch wenn nun eine Plenar- und einige Ausschusssitzungen ausgefallen sind, kann das gewählte Parlament keine Pause einlegen. Gerade in diesen Krisenzeiten, die akutem und weitreichendem Regierungshandeln geprägt sind, wird das Parlament als Ort der Kontrolle und als Gesetzgeber gefordert. Nicht nur in den Medien, gerade auch im Parlament und auf Nachfrage der Abgeordneten legt der Senat Zeugnis ab. All die Maßnahmen, die jetzt zum Eindämmen der Corona-Pandemie notwendig sind, werden in Berlin befristet und immer wieder auf den Prüfstand gestellt.  Dazu sind gerade auch wir Abgeordnete ansprechbar und nehmen Kritik und Anregungen auf: was ist unpraktikabel? Welche Maßnahmen werden von den Menschen unserer Stadt akzeptiert und mitgetragen? Welche nicht, weil sie ein halbwegs erträgliches Leben in der Krise verhindern? Wo muss die Politik soziale Verwerfungen verhindern? Was können wir tun, um das Gesundheitswesen, die Pflege und die Versorgung vor Ort zu unterstützen? Die Antworten auf diese Fragen werden in den kommenden Wochen von uns ins Parlament und an den Senat herangetragen. Die Demokratie, die Zivilgesellschaft in Berlin müssen gerade jetzt lebendig bleiben. Denn in der Zeit nach der Pandemie, nach der Krise werden weitere grundsätzliche Fragen über die soziale Gesellschaft der Zukunft zu beantworten sein. Und es müssen demokratische Antworten sein. 

Tobias Schulze,

Mitglied des Fraktionsvorstandes der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus.