Der 8. März – ein guter Feiertag für Berlin!

Es war vor einem Jahr, als wir Berliner LINKE einen neuen Feiertag für unsere Stadt ins Gespräch brachten: der 8. Mai 2020, der 75. Jahrestag des Kriegsendes und der Befreiung vom Faschismus sollte Feiertag in Berlin sein. Angesichts der rechten Bestrebungen in der Gesellschaft, so unsere Landesvorsitzende Katina Schubert, könne dieser Tag zum gemeinsamen Gedenken und Mahnen beitragen. Die Debatte um einen neuen Feiertag hatte Fahrt aufgenommen, schließlich ist Berlin mit neun Feiertagen das Schlusslicht im Bundesvergleich. Viele Vorschläge kamen auf den Tisch, christliche Daten wie der Reformationstag etwa, aber auch muslimische wie das Zuckerfest oder historische Feiertage wie der 18. März, der 17. Juni, der 3. Oktober oder der 9. November. Nur die FDP positionierte sich gegen einen neuen Feiertag, Berlin habe schließlich genug zu tun und jeder Feiertag senke das Wirtschaftswachstum.

Schließlich lief die Debatte in den Fraktionen und Landesvorständen von SPD und LINKE zunehmend auf den 8. März, den Internationalen Frauentag, zu. Die Grünen, die lange skeptisch waren, schließen sich dem ebenfalls an. Ich halte diesen Tag für eine sehr gute Wahl. Der Internationale Tag der Frauen, entstanden aus der revolutionären Frauenbewegung in den USA und Europa, war zunächst ein Kampftag für das Frauenwahlrecht. Nach dem 1. Weltkrieg führte die KPD diesen Tag weiter, später schloss sich die SPD an. Kampfziele waren etwa das Recht auf einen legalen Schwangerschaftsabbruch und gleiche Entlohnung. Nach dem Krieg nahm der Tag in Ost und West eine sehr unterschiedliche Gestaltung, 1977 erklärte die UNO den 8. März weltweit zum Tag der Vereinten Nationen für die Rechte der Frau und den Weltfrieden. Diese Kombination zeigt, wie gut dieser Tag Berlin zu Gesicht steht.

Zum einen ist es kein Tag, an dem zurück in die Geschichte geblickt wird, sondern ein Tag der Zukunft. Der Kampf um Gleichstellung und gegen Unterdrückung von Frauen ist hier und anderswo nicht beendet. Frauen erobern sich zunehmend gleiche Rechte in Politik, Sport, Kultur und Wirtschaft. Doch selbst in Berlin, das sich selbst öfter einmal als „Stadt der Frauen“ bezeichnet, ist noch nicht alles in Butter. Zwar sind hier viele Vorstände, viele Menschen in Politik und Verwaltung weiblich. Aber Benachteiligungen bei der Entlohnung, bei der Mehrfachbelastung, in der Kultur oder im Bildungs- und Wissenschaftssystem müssen weiter angegangen werden.

Und der 8. März soll nicht nur ein Kampf- sondern auch ein Feiertag sein. Gerade Menschen im Osten Deutschlands haben eine lebendige Kultur des Anerkennens und Ehrens kennen gelernt, der anders als der Muttertag weibliches Selbstbewusstsein in den Vordergrund rückte. Denn nicht zuletzt feierten und feiern sich Frauen am 8. März selbst. Zu Recht. Und das passt zu Berlin.      

Tobias Schulze