Der Kampf gegen Überwachung und Geheimdienste, jetzt auch in Brüssel!

Man muss sich die Situation einmal in Ruhe vor dem inneren Auge ausbreiten. Da gelingt es einem jungen Mann wie Edward Snowden, der sein Geld als Dienstleister für die NSA verdient, massenhaft Dokumente an die Presse zu geben, die Überwachungsprogramme in nie dagewesenem Umfang beschreiben. Wenig wird dementiert, zu dem meisten geschwiegen und keine einzige Regierung und kein einziges Parlament ist bereit, den ersten Schritt zu tun und eine Untersuchung einzuleiten, deren Methode, Verlauf und Ergebnisse öffentlich nachvollzogen werden können.

Kein einziges Parlament? Nun, ein einziges. Noch Anfang Juli 2013, einen Monat nachdem Snowden sich aus Hong-Kong an die Öffentlichkeit gewandt hatte, beschloss das Europäische Parlament per Resolution, eine eigene Untersuchung durchzuführen. Die Resolution wurde gegen die Stimmen der Konservativen angenommen. Jedoch hat die Untersuchung ganz klar ihre Schwachpunkte. Dem Europaparlament fehlen einfach die Untersuchungsrechte, wie sie im Bundestag vorhanden sind. Es kann Personen nur einladen, nicht vorladen, und unter Eid steht die Aussage auch nicht. Genau so wenig ist zu erwarten, dass Geheimdienstchefs in öffentlichen Ausschusssitzungen des Europaparlaments Staatsgeheimnisse ausplaudern.

Und: ist die EU überhaupt zuständig? Für die Kontrolle von Geheimdiensten ist sie es jedenfalls nicht. Aber so einfach ist die Sache nicht. Die EU hat eigene Anti-Terror-Gesetze, eine Strategie zur inneren Sicherheit und eine zur Cybersicherheit. Für letzteres ist unter anderem Europol zuständig, die dafür sogar eine eigene Abteilung haben. Und was hat Europol unternommen, als bekannt wurde, dass der belgische Telefonanbieter Belgacom, dessen Leitungen von Kommission, Rat und Parlament benutzt werden, vermutlich vom britischen Geheimdienst GCHQ gehackt wurde? Dafür sei man nicht zuständig, erklärten die Vertreter von Europol im Europaparlament. Man sei nur für Kriminelle und Terroristen zuständig, nicht für Geheimdienste. Aber nein, untersucht habe man nicht, wer der Angreifer war.

Es sind Szenen wie diese, die die Stärke des Europaparlaments gegenüber den anderen Institutionen und den Mitgliedstaaten zeigen. Diese Sätze konnte jeder live im Internet verfolgen und kann es jetzt noch. Man sieht aber auch: eine engagierte und laute Linke wird dort dringend gebraucht.

Lorenz Krämer