Der Mietendeckel – Gemeinschaftserfolg von r2g und Bewegung

Von Katina Schubert, Landesvorsitzende der Berliner Linken

In unserer Gesellschaft vollziehen sich gegenläufige Tendenzen. Zum einen sind wir mit einem Rechtsruck bis weit in die Mitte der Gesellschaft konfrontiert. Gleichzeitig besteht ein gesellschaftlicher Aufbruch von progressiven Kräften von der MieterInnen- bis zur Klimaschutzbewegung. Diese fortschrittlichen Bewegungen eröffnen Räume, in denen kapitalismuskritische Fragestellungen diskutiert und entsprechende Forderungen erhoben werden, und diese Räume müssen wir LINKE nutzen.

Die strategische Herausforderung für DIE LINKE Berlin besteht darin, aus diesen fortschrittlichen Bewegungen heraus linke parlamentarische Mehrheiten zu organisieren und die Wechselwirkungen von Bewegung und Institutionen fruchtbar zu machen. Dieser Weg ist nicht frei von Widersprüchen und Rückschlägen, kann aber zu Erfolgen führen, wenn die Bewegung den Druck aufrechterhält und DIE LINKE gemeinsam mit der Bewegung konkret umsetzbare Konzepte entwickelt.

Ein herausragendes aktuelles Erfolgsbeispiel ist der am 30.Januar im Abgeordnetenhaus beschlossene Mietendeckel, der nach allgemeiner Einschätzung dazu führen wird, dass die Mieten in Berlin endlich spürbar sinken werden.

Ausgangspunkt war und ist die nicht zuletzt durch Spekulation hervorgerufene Mietpreisexplosion in Berlin, die das in Artikel 28 Absatz 1 der Verfassung von Berlin verankerte Recht auf angemessenen Wohnraum zur Makulatur werden ließ und zu Angst, Armut, Verdrängung und sozialer Ausgrenzung geführt hat.

Vor dem Hintergrund dieser Verheerungen auf dem Wohnungsmarkt hat das Volksbegehren „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“ die Vergesellschaftung großer Immobilienkonzerne in Berlin in die Debatte eingebracht und damit die Eigentumsfrage in einer Art und Weise gestellt, wie es vor wenigen Jahren noch undenkbar gewesen wäre.

Dieser Druck aus der Stadtgesellschaft, diese gewandelte gesellschaftliche Stimmung und das gelungene Zusammenspiel von institutioneller Politik in Gestalt unserer Partei und der rot-rot-grünen Landesregierung mit den MieterInnen-Initiativen schufen die Voraussetzungen für einen Mietendeckel, der einen tiefen Eingriff in die Verwertungslogik der Immobilienunternehmen darstellt und das Verfügungsrecht über ihr Eigentum im Interesse der Berliner MieterInnen und gemäß der Berliner Verfassung deutlich beschränkt.

Einen so weitreichenden Eingriff in den Mietenmarkt hat bislang keine Regierung in der Geschichte der Bundesrepublik gewagt und auch wenn das Gesetz aus Sicht vieler unabhängiger Rechtsexperten rechtssicher ist, besteht immer dann, wenn juristisches Neuland betreten wird, das Risiko, zumindest teilweise vor Gericht korrigiert zu werden.

So oder so hat sich rot-rot-grün mit dem Mietendeckel in einen dynamischen Prozess der Gesellschaftsveränderung für bezahlbaren Wohnraum begeben. Das Erfolgsbeispiel Mietendeckel macht Mut und zeigt, dass relevante gesellschaftliche Veränderungen in vielen Bereichen möglich sind, wenn Bewegung und institutionelle Politik unter Beachtung ihrer unterschiedlichen Rollen an einem Strang ziehen.