Ein Jahr war schnell vorbei…

Was, schon ein Jahr um …? Das denke ich in letzter Zeit häufiger, wenn ich nach der Bilanz „unseres“ ersten Jahres gefragt werde. Ein Jahr Senator für Kultur und Europa, ein Jahr in einem neuen, weiten Themenfeld. Ein Jahr, das wir hoffentlich mit dem Beschluss über den Doppelhaushalt 2018/2019 abschließen, der meinem Ressort eine Steigerung beschert wie lange nicht mehr.

In diesem Haushalt bildet sich eine Menge vom Geplanten und bereits Erreichten ab. Aber Geld ist nicht alles und so steht für mich im Fazit des ersten Jahres das veränderte Klima in der Verwaltung, den Institutionen, auch in der Stadt selbst weit vorn. Das sind gute Begleiterscheinungen und auch Gradmesser für unsere Arbeit, die das unterstützen, was wir an konkreten Plänen haben und umsetzen wollen.

Wir sind mit klaren Vorstellungen angetreten, haben den Koalitionsvertrag gut verhandelt und so manche Richtungsentscheidung in der Kulturpolitik getroffen. Ich habe mich immer gegen das Bild des armen und aus der Not heraus kreativen Künstlers ausgesprochen – Kunst erschaffen ist Arbeit, und Arbeit gehört vernünftig bezahlt. Tarifgebundene Institutionen bekommen die Tarifsteigerungen aus dem Haushalt „obendrauf“ und müssen sie nicht mehr aus ihren künstlerischen Etats zahlen – das ist ein Paradigmenwechsel, der notwendig war. Und die Stärkung der bezirklichen Kulturarbeit erlaubt es, Künstlerinnen und Künstlern in Kommunalen Galerien Ausstellungshonorare zu zahlen. Ich weiß, dass das die Prekarität in der Kunstszene nicht beseitigt, aber es ist ein deutlicher Schritt im Kampf dagegen.

Ein weiteres Thema, das für mich von großer Wichtigkeit ist, sind Zugänge – in doppelter Hinsicht. Es gilt zum einen Zugänge zu erleichtern, zum anderen darum, sie überhaupt erst zu schaffen. Erleichtern für die, die aus verschiedenen Gründen nicht oder kaum mit Kultur in Berührung kommen. Da haben wir den Projektfonds Kulturelle Bildung gestärkt, wir haben die Kinder- und Jugendtheater deutlich besser gestellt, den Bezirkskulturfonds verdoppelt – das konnten wir tun. Wir sind aber auch auf ein Umdenken in den Einrichtungen angewiesen, den angesprochenen Klimawandel, und dort erlebe ich tolle Initiativen u.a. von Berndt Schmidt vom Friedrichstadtpalast mit den 5-Euro-Tickets.

Zugang meint aber für mich auch, dass sich auf den Bühnen die Vielfalt der Gesellschaft abbildet. Und auch da haben wir Konkretes vorzuweisen: Bereits im April haben wir die Diversitätsstelle „Diversity. Arts. Culture“ eröffnet, die Institutionen berät, welche Wege es gibt, die Vielfalt auch auf die Bühnen zu bringen. Zusätzliche Gelder gibt es auch für die Vermittlungsarbeit in der Erinnerungskultur, die sich an Menschen mit Fluchterfahrung richtet, die hier eine neue Heimat finden.

Künstlerinnen und Künstler brauchen Räume, Ateliers – und hier zeigen sich mächtige Gegner: Gentrifizierung und Verwertungsdruck auf Immobilien und Flächen begrenzen unsere Möglichkeiten oder schaffen, wie bei den Uferhallen, neue Probleme. 2.000 Arbeitsräume bis zum Ende der Legislatur sind unser Ziel, wir wollen Räume sichern, schaffen – haben dabei durchaus schon Erfolge, wie die Prenzlauer Promenade zeigt. Ja, wir nehmen den Kampf auf und sind dabei durchaus kreativ.

Ich merke, allein das erste Jahr bräuchte weit mehr Platz für eine Bilanz: Die Anpassung der Förderstrukturen, der Festival-Fonds, Denkmalschutz und Europa – darüber gäbe es viel zu berichten. Aber es sind ja auch noch vier Jahre Zeit.

Klaus Lederer