Freundlich und akkurat am Rathaus-Empfangstresen: Levent Cayir

Ein langer, schwieriger Weg von Anatolien über Schwaben, Moabit und Treptow führte Levent Cayir ins Rathaus von Berlin-Mitte in der Karl-Marx-Allee 31. Seit 2017 gehört der 48-jährige in dem Gebäude zum Team des Wach- und Objektschutzes Secura Protect Holding GmbH. Als ich mir kürzlich einen Termin  für das Bürgeramt holen wollte, bekam ich schnell, akkurat und sehr freundlich Auskunft von dem  Mann in dunklem Anzug, weißem Hemd und Krawatte.

"So an die 150 bis 250 Bürger kommen täglich mit ihren Fragen an unseren Empfangstresen", informiert er mich. Seine Tagesschicht beginnt früh 5.30 Uhr. "Dann kommen auch schon bald die Mitarbeiter, Angestellten und Beamten aus den einzelnen Dienststellen und holen ihre Schlüssel. Bei 13 Etagen mit je etwa 30 bis 40 Zimmern kommen da fast 1500 Schlüssel zusammen." Lächelnd gesteht er, dass er bei den meisten Rathausmitarbeitern inzwischen schon deren Namen und Zimmernummern kennt. Zwölf Stunden lang ist ein Arbeitstag für Levent Cayir und seine vier Kollegen, mindestens 45 Stunden in der Woche.

Man sieht es ihm an, diese Arbeit macht ihm Spaß. Bis dahin musste er viele Hürden in seinem Leben überspringen. 1970 war Levent Cayir in der türkischen Provinzstadt Aksaray zur Welt gekommen. Seine Mutter verstarb sehr bald, sein Vater suchte sich in der BRD eine Arbeit. Levent wuchs bei der Oma auf, als er  an Kinderlähmung erkrankte. In der Hoffnung auf die deutsche Ärztekunst ging er als 16-jähriger nach Neu-Ulm, bekam lange keinen Job und keine Aufenthaltserlaubnis. Trotz Depressionen gab er nicht auf, verdiente Geld bei einer Lederwarenfirma, in einem Lebensmittelladen und bei Caritas und Diakonischem Werk.

Ein Freund riet ihm, in Berlin sein Glück zu suchen. Unterschlupf fand er in der Moabiter Erasmusstraße, später dann in einem Wohnhaus für Behinderte und Senioren in Treptow. Mehrere Jahre war Levent Cayir erfolgreich in Büros Berliner Umzugsunternehmen tätig, eignete sich Kenntnisse in der IT-Branche an, um  auch den Service bei Computerhavarien zu übernehmen.

2012 wurde er  von seinem Jobcenter auf die Idee gebracht, sich bei einem Wachschutzunternehmen zu bewerben. Mit zwei Anläufen erkämpfte er sich die dafür notwendige Sachkundeprüfung bei der Industrie- und Handelskammer, bewarb sich Dutzende Male, ging zu Vorstellungsgesprächen. Bis er dann Mitte 2017 die Zusage von Secura Protect erhielt, erstmal bis 2020.  "Seitdem fühle ich mich glücklich", betont der temperamentvolle Mann.

Zu seinem größten Glück aber gehört seine 6-jährige Tochter Zeynep Melisa, die einmal Tierärztin werden möchte. "Jetzt brauche ich nur noch für meine kleine Familie eine größere Wohnung", wünscht er sich, "und vielleicht haben wir eines Tages auch ein Auto, mit dem wir zu meinen Lieblingsplätzen am Bodensee und im Schwarzwald reisen können."  

Matthias Herold