Hannelore Harnisch zwischen DT64 und Deutschlandradio

Einen auf die Männer bezogenen Bibelspruch münzt Hannelore Harnisch kühn gleichberechtigt auf sich um: "Ich habe ein Haus mit aufgebaut, Obstbäume gepflanzt und zwei großartige Kinder zur Welt gebracht. Jetzt fehlt nur noch das Buch." Das Letztere, würde sie über ihr Leben schreiben, könnte spannend werden.

1952 in Leipzig geboren, in Berlin Abitur mit Facharbeiterbrief einer Bibliothekarin gemacht, wollte sie eigentlich Kulturwissenschaft studieren. Aber sie erfüllte den Wunsch ihres Vaters, eines Professors der Veterinärmedizin an der der Humboldt-Universität, und entschied sich für Journalistik. Mit 19 Jahren beendete sie ein einjähriges Volontariat beim Jugendstudio DT64, gebar gleichzeitig ihren Sohn Sascha und begann ihr Studium an der Leipziger Karl-Marx-Universität.

"Mit dem Diplom in der Tasche wurde ich vier Jahre später als Landwirtschaftsredakteurin bei 'Hallo - das Jugendjournal' des Senders 'Stimme der DDR' eingesetzt", erinnert sich Hannelore Harnisch. "Aber das war nicht meins. Ich wollte viel lieber Kultur machen." So profilierte sie sich schnell zur Kulturjournalistin, moderierte bald Abendsendungen, war Reporterin der Schweriner Poetenseminare und der Werkstattwochen der Singeklubs. "1978 gehörte ich zum Berichterstatterpool zu den XI. Weltfestspielen der Jugend und Studenten in Havanna." Besonders gern denkt sie noch an ihr Interview mit Palästinenser-Präsident Jassir Arafat in Tunis, das in den Nachrichtensendungen eine Spitzenmeldung wurde.

Nach der Fusion des Jugendjournals mit Jugendradio DT64 1986 kooperierte Hannelore Heider - wie sie damals noch hieß - in unzähligen Programmen eng mit Moderator Hanno Harnisch. In der historischen Nacht vom 9. zum 10. November 1989 sprachen, schnitten und sendeten die Beiden ihre erste Livereportage vom "Fall der Berliner Mauer"  an der Sonnenallee, zogen mit modernster Übertragungstechnik mit Tausenden Menschen bis zum Hermannplatz. "Das war eine spannende, aufregende Zeit", nennt es die Vollblutjournalistin. 

 

Filmrezensionen bei mehreren Sendern

 

Im Jahr der Abwicklung des DDR-Rundfunks, 1991, wurde ihre Tochter geboren. "Nach einem Babyjahr bewarb ich mich bei mehreren Sendern", erzählt sie. "Seitdem arbeite ich als Freie Journalistin, stelle an jedem Dienstag, ab 21.03 Uhr, in der 'Antenne (Brandenburg) Filmszene' neue Streifen vor. Auch bei Radio 1 des RBB, im Deutschlandradio Kultur und beim MDR Dresden rezensiere ich regelmäßig Kino- Aufführungen." Vor elf Jahren wurde ihr DT64-Kollege Hanno Harnisch, heute Stellvertreter des Pressesprechers der Fraktion DIE LINKE im Bundestag, auch ihr Ehepartner.

Das mit dem Buch überlegt sich Hannelore Harnisch noch. "Für die Zukunft hoffe ich dafür auf mehr Zeit wie auch für Garten und Reisen", wünscht sie sich. In jüngster Zeit liest sie aber schon mal Lebensläufe von Persönlichkeiten, zuletzt "Nachruf", die Autobiografie von Stefan Heym. Langeweile wird sie wohl nie kennenlernen.

Matthias Herold