Happy Birthday, Fischerinsel!

Ja, es gibt noch einige, die sich ganz genau an den Sommer 1969 erinnern können. Zogen sie doch in den damals gerade fertiggestellten ersten Block der Häuser auf der Fischerinsel ein. Zu diesem Zeitpunkt glich das noch alles einer großen Baustelle. In den nächsten Monaten wurden die anderen Wohnhäuser gebaut. Supermarkt (damals noch unter dem Namen Kaufhalle), Kindergärten, Spielplätze, Friseur, Blumenladen, Gaststätten, Schwimmhalle kamen hinzu. Bäume wurden gepflanzt, Grünflächen angelegt, es entstand der kleine Park zwischen dem ersten Haus und der Spree. Die Schule in der Wallstraße war zum Einzugsbeginn schon fertig. Ein richtig tolles Wohngebiet im Herzen der Stadt entstand und ersetzte die im Krieg schwer beschädigten Häuser des alten Fischerkiezes. In den neugebauten Häusern gab es Hausclubs für die Bewohner*innen, gemeinschaftlich genutzte Wäschetrocken- und Bastelräume und - nicht zu vergessen - die Dachgärten. Der Blick von dort aus faszinierte und im Sommer waren sie wunderbare Orte zum, heute würde man sagen, Chillen. Pompös war das alles nicht. Aber alle die dort wohnten, merkten, dass die Stadtplaner*innen und Architekt*innen, die Bauarbeiter*innen und Landschaftsgärtner*innen etwas von ihrer Arbeit verstanden. Alles war durchdacht, funktionsfähig und bezahlbar.

Anfang der 90-er Jahre sollte das Ensemble durch das sogenannte „Planwerk Innenstadt“ geschliffen werden. Viele, wie der damalige Bezirksstadtrat der LINKEN Thomas Flierl und Politiker*innen verschiedener Ebenen kämpften mit den Bewohner*innen dagegen an. Die Bebauung der Grünflächen mit Townhouses und die Öffnung der Fußgängerbrücken für den Straßenverkehr konnte verhindert werden. Der Abriss der Gaststätte „Ahornblatt“ war nicht zu verhindern. Hier setzte sich der „finanzielle Verwertungsdruck“ gegenüber dem Denkmalschutz durch. Jammerschade! Noch dazu wenn man die „architektonische Meisterleistung“ mit dem beträchtlichen Leerstand sieht, die sich jetzt am Standort des Ahornblattes befindet. 

Ein sehr schöner Platz zum Leben in der Innenstadt ist die Fischerinsel immer noch. Vieles verändert sich, vieles bleibt konstant. Die Blockrandbebauung gegenüber dem Haus der Wirtschaft ist im Entstehen. Für die dringend benötigte Erneuerung der Grün- und Freiflächen stehen Gelder zur Verfügung. So wie vor 50 Jahren gibt es jetzt wieder jede Menge Kinder in den Häusern. Und die alten und neuen Bewohner*innen engagieren sich für ihren Kiez, wollen bei Veränderungen einbezogen und beteiligt werden. So wie die Mitglieder der Interessengemeinschaft Fischerkiez. Und einige von diesen entluden vor genau 50 Jahren einen Möbelwagen, um in ihre neue Wohnung im ersten Haus auf der neuentstehenden Fischerinsel zu ziehen.

Herzlichen Glückwunsch allen alten und neuen Bewohner*innen der Fischerinsel!

 

Thilo Urchs