Heiße Kufen in Grenoble 1968 oder doch nur heiße Luft?

Rehabilitation der DDR-Rodlerinnen nach 50 Jahren überfällig

Nach zwei erfolgreichen Rennläufen der Rodlerinnen der DDR bei den X. Olympischen Winterspielen in Grenoble/Frankreich sollte am 13.Februar1968 der dritte Rennlauf folgen.

Obwohl es die Aufgabe des Startleiters laut Internationaler Rennrodelordnung ist zu prüfen, dass „bei Startbeginn eines Konkurrenten die Schienen der Kufen eine normale Temperatur aufweisen müssen, die der Umgebungstemperatur entspricht“, ging der sich in bekannter westdeutschen Abhängigkeit befindliche polnische Juryvorsitzende Swiderski ca. 10 Minuten vor dem Start zu den Schlitten der DDR-Rodlerinnen, um durch Handauflegen die Kufentemperatur zu prüfen. Außerdem legte er noch Schnee auf die Kufen, der bei einer Außentemperatur von 4 Grad schmolz. Nach seiner Ansicht waren die Kufen zu warm und er verließ den Startplatz.

 Nach der Startfreigabe durch den Startleiter, also der Bestätigung der Einhaltung der Regeln, bauten die DDR-Rodlerinnen ihren Vorsprung auf den Plätzen 1, 2 und 4 mit Bestzeiten weiter aus. Nur wenig später wurde durch die Jury ohne jegliche Beweisführung die Disqualifikation der DDR-Sportlerinnen wegen Heizens der Kufen bekanntgegeben.

Trotz fehlender Technik zur Messung der Kufentemperatur, unzähliger Proteste aus aller Welt, eidesstattlicher Erklärungen, Unverständnis des IOC und trotz des überzeugenden DDR-Sieges im abschließenden Doppelsitzer Wettbewerb – es blieb bei der Disqualifikation.

Die Internationale Förderation konnte sich trotz der damals durch die Systemauseinandersetzungen begünstigte Fehlentscheidung bis heute nicht entschließen, die DDR-Sportlerinnen vorurteilsfrei zu rehabilitieren. Heute kann es nicht mehr um die Rückgabe der Medaillen gehen, sondern einzig und allein um die Entlastung der Sportlerinnen, betrogen zu haben. Dazu wäre der 50. Jahrestag der X. Olympischen Winterspiele von 1968 eine günstige Gelegenheit gewesen.

Thomas Köhler