"Kultur des Miteinander" prägt und lenkt das Leben Anett Vietzkes

Wie lebt man eine „Kultur des Miteinander“ und wie gestaltet man sie gemeinsam? Die Suche nach Antworten auf diese Frage hat Anett Vietzkes Leben bestimmt. 1977 in Königs Wusterhausen geboren, wuchs sie in einem Haus von drei Generationen auf. Traumatische Kriegserlebnisse der Großeltern, heftige, auch gewaltvolle Konflikte der Eltern um politische Positionen und die Frage nach dem „richtigen Leben“ prägten sie. Gern denkt sie an das antifaschistische Lehrerehepaar Klink zurück, das im Unterricht über das notwendige Eintreten für Frieden, Gemeinschaft und Gerechtigkeit sprach. 

Nach dem Abitur sah sie bei ihrer Ausbildung zur Verlagskauffrau im Axel-Springer-Verlag, wie fatal Politik und Medien im Kapitalismus funktionieren. Beim Studium der Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation an der Universität der Künste traf sie auf den linken Philosophen Prof. Dr. Norbert Mader, der in seinen Vorlesungen den Kapitalismus als Wirtschaftsmodell hinterfragte, seine Untauglichkeit als Gesellschaftsmodell  thematisierte. An der Filmhochschule Ludwigsburg und der Ryerson University Toronto wurde die Diplom-Kommunikationswirtschaftlerin obendrein zur Regisseurin. 

Anett Vietzke musste sich ihr Studium selbst finanzieren und arbeitete unter anderem auf Honorarbasis an Filmproduktionen mit, so für das rbb-Fernsehen. Sie schuf mit dem Künstlerkollektiv VOLUMEN EXPRESS in Buenos Aires, Oslo und Berlin das Theater-Filmprojekt "Impotencia" für die Sophiensäle. Das Stück wie auch die Videographie "Sueno y crisis" untersuchen die Auswirkungen der großen Wirtschaftskrise 2001 auf die Menschen in Argentinien. 

 "Schon immer in meinem Leben war ich auf der Suche nach der Wahrheit, nach dem richtigen auch politischen Wirken in der Gesellschaft - zunächst durch Filmemachen und Schreiben", betont Anett Vietzke, die heute mit ihrer Familie in Gesundbrunnen wohnt. "Das hat mir 2012 nicht mehr gereicht. Da war ich konfrontiert mit prekärsten Arbeits- und Lebensbedingungen nicht nur Kulturschaffender konfrontiert, Kinderarmut, fehlenden Ressourcen für ausreichende schulische und kulturelle Bildung. Ich bin in DIE LINKE eingetreten."  

Seit den Berliner Wahlen ist die Mutter ihres 5-jährigen Sohnes Juri Mitglied der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) von Berlin-Mitte. "Im Ausschuss für Bildung und Kultur kämpfe ich gegen die Vertreibung von KünstlerInnen aus ihren Ateliers, wie zum Beispiel aus den Weddinger Uferhallen, für die Rettung des 'Cafe Rehberge' und anderer Orte für Begegnungen und mit kulturellen Angeboten", nennt sie nur einige ihrer Anliegen.

Einmal im Monat lädt sie mit der BVV-Verordneten Katharina Mayer zum BürgerInnendialog in den Weddinger Linkstreff ein. "Auf Augenhöhe hören wir zu, tauschen uns mit Ratsuchenden aus, tragen ihre Probleme dann in die BVV".  

Seit nunmehr zwei Jahren zieht es Anett Vietzke per Zug und Fahrrad nach Feldberg - nicht nur um dort mit ihrer Familie frische Landluft zu schnuppern. In dem Dorf in Mecklenburg-Vorpommern trifft sich ihr 2015 gegründeter Verein "SEELAND Medienkooperative"  mit 30 jungen Leuten zwischen 14 und 17 von dort und aus Berlin-Moabit zu Film-Workshops und Gesprächen über das Leben, aber auch, wie konkret ein Film entsteht, um gemeinsam das Jugendfilmprojekt 'Stadt-Land-Mut' zu realisieren. Die Dreharbeiten mit vielen Interviews und Lebensdarstellungen sollen bis Ende Oktober vollendet sein". Ein neuer Höhepunkt im Wirken Anett Vietzkes für eine "Kultur des Miteinander".

Matthias Herold