Nach der Wahl ist vor der Wahl

Matthias Höhn, Bundesgeschäftsführer der LINKEN im Gespräch auf dem Basistreffen in Berlin-Mitte

 

Matthias Höhn: Ich möchte mich zunächst sehr herzlich für den engagierten Wahlkampf bedanken. Wir haben durch die Landesverbände hinweg eine sehr motivierte Partei und Mitgliedschaft erlebt, die sehr engagiert über Wochen und Monate auf der Straße unterwegs war und dafür will ich mich auch bei euch, beim Berliner Landesverband und beim Bezirk Mitte bedanken.

Wie bewertest du das Wahlergebnis der Bundespartei?

Matthias Höhn: Wir können mit dem Ergebnis zufrieden sein, dürfen uns aber mit dem Ergebnis nicht zufriedengeben. Man kann dieses Ergebnis aus drei Perspektiven betrachten, die alle zusammengehören, damit das Bild schlüssig wird. Man kann es in Relation zum Bundestagsergebnis 2009 sehen, dann haben wir ein Minus von 3 % eingefahren. Man kann das Ergebnis in Relation zum Zustand der Partei im letzten Frühjahr sehen, dann haben wir in den letzten 15 Monaten 3 % gewonnen. Und man kann es in Relation zu 2005 sehen, wo wir das erste Mal als Gesamtpartei angetreten sind, wo wir aber durch den Zusammenschluss von PDS und WASG in einer Aufbruchstimmung waren – das damalige Ergebnis haben wir wiederholen können.

Und das Berliner Ergebnis?

Matthias Höhn: Der Landesverband Berlin hat eine sehr gute Vorstellung hingelegt. Mit einem fast stabilen Ergebnis ragt der Landesverband neben allen anderen Landesverbänden, Ost wie West, heraus. Und darauf könnt ihr miteinander stolz sein. Das betrifft das Zweitstimmenergebnis genauso wie die Verteidigung der vier Direktmandate. Ihr habt sogar etwas geschafft, was sonst kein Landesverband geschafft hat, nämlich die Anzahl der Abgeordneten, die ihr im Bundestag habt, um einen zu erhöhen.

Wie bewertest du das Landtagswahlergebnis in Hessen?

Matthias Höhn: Sehr positiv. Wir sind zum dritten Mal in Folge in den hessischen Landtag eingezogen und konnten sogar die absolute Stimmenzahl erhöhen. Diesmal hat sicher auch der gute Bundestrend geholfen. Während in Hessen zur Bundestagswahl 6 % für die LINKE gestimmt haben, haben dies für die Landesebene 5,2 % getan. Damit haben wir in den westdeutschen Flächenländern zumindest den Trend gestoppt, aus den Parlamenten herausgewählt zu werden. Ob wir den Trend umkehren können, wird sich zeigen.

Was sind die Aufgaben für die Zukunft?

Matthias Höhn: In Berlin steht ja der Energie-Volksentscheid bevor, der bereits in Hamburg positiv verlaufen ist. Das Wahljahr 2014 startet mit Kommunalwahlen in Bayern, ansonsten bereiten wir jetzt schon die Europawahl am 25. Mai vor. Am selben Tag stehen auch 10 Kommunalwahlen an. Danach gibt es noch 3 Landtagswahlen im Osten. Unser Hauptaugenmerk liegt jetzt darauf, in der kurzen Zeit ein Programm für die Europawahl aufzustellen, sowie die über 3400 neuen Mitglieder, die seit Anfang des Jahres eingetreten sind, aktiv in die Partei einzubinden und zu halten.

Was sind die größten Herausforderungen bei der Europawahl?

Matthias Höhn: Merkels Europapolitik wird von der Mehrheit der Wähler positiv aufgenommen und auch europafeindliche Strömungen wie die AfD finden starken Anklang. Wir dürfen nicht den Fehler begehen und denen programmatisch hinterherlaufen. Wir als LINKE kämpfen um die Europäische Union und für ein solidarisches, friedliches Europa. Viele Deutsche glauben, Merkel würde ihnen mit ihrer Politik einen Gefallen tun und ihnen die Probleme der anderen Länder vom Hals halten. Das ist ein großer Irrtum. Merkels Europapolitik riskiert auch hier in Deutschland wirtschaftliche und soziale Sicherheit.

Wir bedanken uns ganz herzlich dafür, dass du dir heute Zeit für uns genommen hast.

Matthias Höhn:

Gern geschehen.

 

Andreas Böttger