Neues Bauprojekt Turm-/Ecke Stromstraße erfordert mehr Rückgrat vom Bezirk

Zu viel Einzelhandels- und Bürofläche, viel zu wenig bezahlbare Wohnungen

Die bisher unbebauten Flächen an der Kreuzung Turmstraße und Stromstraße gegenüber dem Schultheiß-Quartier sollen eine Neubebauung erhalten. Geplant ist ein 9-stöckiger Komplex mit Wohn- und Geschäftshäusern.  Entlang der Turmstraße soll das Großprojekt mit Dienstleistungen und Einzelhandel bestückt werden, während nur entlang der Stromstraße zur Hofseite hin Wohnungen geplant sind.

Der Ingolstädter Investor „Family Office“ sieht im Erdgeschoss und teilweise im ersten Obergeschoss Einzelhandelsflächen vor, in den beiden darüber liegenden Etagen Dienstleistung und Büros. Die Bruttogeschossfläche für diese gewerblichen Nutzungen beträgt 7.900 Quadratmeter.  In einem von der Blockrandbebauung vor Lärm geschützten E-förmigen Gebäude sollen nur 120 Wohnungen entstehen.

Man fragt sich, warum in Moabit noch mehr Einzelhandelsflächen entstehen sollen;  es sind schon jetzt viel zu viel. Und dann noch zweigeschossige Ladenflächen.  Auch an Büros ist kein Mangel.  In der Kritik einer Moabiter Mieterorganisation heißt es:

 „Büros hat ganz Berlin zu viel. In der Europacity entstehen weitere tausende Büroarbeitsplätze und alle zusammen provozieren weiteren Zuzug nach Berlin und vergrößern damit die Wohnungsnot. Wozu also hier so viele Büroflächen?  Dagegen sollen nur lächerliche 120 und offenbar ziemlich große Wohnungen entstehen und davon insgesamt vielleicht nur 20 % Sozialwohnungen. Und das, obwohl extremer Wohnungsmangel herrscht und über 50 % der Berliner Haushalte wegen ihres geringen Einkommens ein Anrecht auf einen Wohnberechtigungsschein haben.“

Bei diesem Bauprojekt kann das Bezirksamt das Modell der kooperativen Baulandentwicklung und damit einen verpflichtenden 30-prozentigen Sozialwohnungsanteil nicht anwenden. Das Grundstück liegt im Sanierungsgebiet Turmstraße. Der Investor möchte bisher freiwillig einen 20-Prozent-Anteil sozial geförderter Wohnungen einräumen. Wie auf einer öffentlichen Informationsveranstaltung im Rathaus Tiergarten bekannt wurde, will Baustadtrat Ephraim Gothe (SPD) mit dem Investor über eine Heraufsetzung der Quote (bis 30 Prozent) verhandeln.

In der Moabiter Mieterorganisation wird dagegen eine „gesunde Berliner Mischung“ empfohlen. Dabei käme nur im Erdgeschoss an der Straße der Einzelhandel zum Zuge (aber kein großflächiger wie z.B. Aldi, Lidl und Co) sowie Gastronomie;  im 1. OG Büros, Praxen und teilweise Wohnungen. Darüber nur noch Wohnungen und davon 50 % Sozialer Wohnungsbau,  wie z. B. in Wien selbstverständlich.  „Aber offenbar braucht die Berliner Politik erst noch ein paar desaströse Wahlergebnisse.“

Das könnte in den üblichen Beteiligungsrunden für den Bebauungsplan  -   z.B. in den BVV-Ausschüssen  –  durchaus vermieden werden.  Denn dort muss die Bebauung genehmigt werden.

Rainer Scholz