Psychotherapeutin in Berlins Mitte: Dr. Ulrike Freikamp

Nahezu verdreifacht hat sich laut AOK seit Beginn der Coronavirus-Pandemie im Frühjahr die Anzahl von Personen in Deutschland mit Depression. Ängste, Stress und zunehmende Belastung am Arbeitsplatz haben den Anteil psychischer Erkrankungen am Gesamtkrankenstand im ersten Halbjahr 2020 auf 20 Prozent anwachsen lassen.

"Wir sind längst an den Grenzen des Machbaren angelangt", bestätigt die  Psychologische Psychotherapeutin Dr. Ulrike Freikamp die Situation. "Meine Arbeitszeit von 40 Konsultationsstunden wöchentlich ist nicht mehr ausreichend für die Behandlung der Hilfesuchenden. Es gibt zu wenige Psychotherapeut*innen".  In der Praxis der 55-jährigen Psychoanalytikerin im St. Elisabeth-Haus in der Großen Hamburger Straße können zur Zeit keine neuen Patient*innen aufgenommen werden. "Die Betroffenen kommen aus allen Bevölkerungsschichten und Berufen, sind im Alter zwischen 15 und 67 Jahren. Viele müssen drei bis vier Jahre behandelt werden." Anders als in gängigen Klischees arbeitet sie mit Patient*innen, die auf der Couch liegen, ihr gegenüber sitzen oder mit Kindern und Jugendlichen auch spielend. "Jetzt, während der Pandemie, bin ich auch mit Hochrisikopatienten im Videogespräch".

1965 in Hennigsdorf geboren, wuchs Ulrike Freikamp in Dresden auf, machte dort das Abitur. Mit dem Diplom eines Volkswirts der Hochschule für Ökonomie in Karlshorst begann sie am 1. September 1989 als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Technischen Universität Dresden. Noch bevor sie ihre Dissertation beenden konnte wurde sie 1991 wie die meisten Wissenschaftler dort "abgewickelt". Als Dozentin in der Erwachsenenweiterbildung sowie beim Internationalen Bund für Sozialarbeit fand die vierfache Mutter eine Zwischenlösung. "1997 entschloss ich mich für das Psychologie-Studium wiederum an der Dresdner TU, ging zwei Jahre später nach Berlin an die Freie Universität, schrieb mit am Fachbuch 'Kritik mit Methode' der Rosa-Luxemburg-Stiftung zu Forschungsmetoden der Sozialwissenschaften", fasst sie ihre bewegte Entwicklung vor und nach der "Wende" zusammen. 47-jährig errang sie 2012 ihren Doktortitel der Psychologie.

"Unser Gesundheitswesen braucht dringend bessere Konditionen", erklärt Ulrike Freikamp als Verordnete und gesundheitspolitische Sprecherin der Linksfraktion in der Bezirksverordnetenversammlung Berlin-Mitte. "Im Mittelpunkt meiner Arbeit dort steht der Einsatz für eine gute Gesundheitsversorgung in Mitte für alle Menschen, unabhängig von ihrem Einkommen und Versicherungsstatus. Deshalb liegt mir die Schaffung eines Mustergesundheitsamtes besonders am Herzen."

Matthias Herold