Stephan Jegielka: Ohne grundsätzliche Analyse keine Strategie

Wenn Kanzlerin Merkel jetzt aufrief, die Ostdeutschen nach 29 Jahren Zusammenschluss besser zu verstehen, fragt Stephan Jegielka, warum das DIE LINKE bisher nicht geschafft hat, warum hingegen die AfD bei den Nichtverstandenen so viele Stimmen holt. "Um eine grundsätzliche Analyse unserer Situation kommen wir nicht herum", betont der 44-jährige Inhaber des Diploms für Informationswissenschaften und des Magisters für neuere Geschichte. "Das Erfurter Programm von 2011 nennt unsere Grundprinzipien gute Arbeit, soziale Sicherheit, Gerechtigkeit und Frieden. Unser zutiefst gespaltenes Land braucht eine soziale Wende, um die Einheit zu vollenden. Wir waren einmal Protestpartei, jetzt wollen rechte Demagogen diese Rolle spielen".

In den vergangenen Jahrzehnten sei der Osten deutlich Probierfeld für sozialen Abbau gewesen. "Wo war da unsere Partei?", fragt Stephan Jegielka . Er ist einer der Bundessprecher der Kommunistischen Plattform (KPF) der DIE LINKE. Gefehlt hätten eigene Thematisierung, nachhaltige Kampagnen, und nicht immer sei die Partei konsequent bei der Durchsetzung ihrer Grundsätze gewesen. "Und versteht auch wirklich jeder unsere Sprache, ist sie nicht zu intellektuell?"

Der gebürtige Cottbuser sieht die KPF als unabkömmlichen Bestandteil der Partei DIE LINKE. "In der Basis von Berlin-Mitte, bei Hauptversammlungen und auf Parteitagen verweisen wir auf historische Erfahrungen und nennen Ausbeutung Ausbeutung und Imperialismus Imperialismus, berufen uns auf Marx und Engels". Er denkt gern an seinen Opa, der ihm in seiner Kindheit oft von Krieg, Faschismus, aber auch von der Oktoberrevolution und vom hoffnungsvollen Aufbau der DDR erzählte. "Als ich an der Berliner TU zum Thema Verquickung von Hitler-Regime und Daimler-Benz promovieren wollte, wurde dort wie auch an anderen Hochschulen wegen des marxistischen Ansatzes eine wissenschaftliche Betreuung abgelehnt."

Nach seinem Studium in Potsdam und Berlin arbeitete er als Tutor für Studenten, wirkte im Online-Medienbereich, war in der Verwaltung des Deutsch-Russischen Museums in Karlshorst tätig. Seit einigen Jahren ist er Mitarbeiter beim Lebensmittelhändler Kaiser's, heute Edeka, am Heinrich-Heine-Platz, wehrte sich gegen ungerechte Bezahlung, kämpft für Tariflohn.

Stephan will noch aktiver für seine Partei wirken. Er könnte sich vorstellen Mitglied der nächsten Bezirksverordnetenversammlung von Mitte und wieder Delegierter zum Bundesparteitag in Erfurt zu werden. Er ist überzeugt, DIE LINKE, deren Wähler und Sympathisanten brauchen klares und wirksames antikapitalistisches Handeln für gleichwertige Lebensverhältnisse in Ost und West, gegen die immer größer werdende Kluft zwischen Arm und Reich und eine konsequente Kraft für den Frieden. "Dafür bin ich in dieser Partei."                                              

Matthias Herold