Vom Einfachen das Gute

mittendrin

Fast neben dem Polizeigebäude in der Invalidenstraße gibt es israelischen, sprich nahöstlichen Hummus, und nebenan werden bald norwegisch-amerikanische Burger gegrillt. Einige Läden weiter locken handgefertigte französische Tartes, das nachfolgende Geschäft nennt sich altmodisch Das Gute vom Einfachen und führt kulinarisch Regionalkunst: Brot, Wurst, Käse, Konfitüren und mehr. Von jenseits der deutschen Grenzen kommt das Wenigste. Etwas weiter verkauft "Kochtail" wunderbare Küchenutensilien, die mir zum Kochspaß dienen. Der Neuberliner Joe, Werbefachmann in New York, hat sich mit dem Laden den Kindheitstraum erfüllt. Nur zwei Häuser weiter schält sich eine Fleischerei anderer Art aus dem Umbau.

Immer öfter geht es hier um Bio, aber Princessin Cheesecake hat in der Tucholskystraße den Aufkleber der Slow Food an die Tür geklebt. Slow Food ist die kulinarisch-politische Bewegung aus Italien, die Ende der 60-er Jahre parallel zum Parteiausschluss einiger kommunistischer Abweichler fast zufällig entstand. Ein gleichnamiger Film erzählt verblüffend unterhaltsam, wie gut heimische Politik schmecken kann.

Diese Art Langsamkeit assoziiert niemand mit Berlins Mitte, dabei beginnt sie, sich einzurichten. Andernorts dümpelt öffentlich der Flughafen, wird ums Schloss gezankt, soll der Leipziger Platz boomen, wird hinterm Hackeschen Markt aus-, um- und eingezogen, scheint der eingeschlafene Luxusweiterbau zwischen Monbijou-Ufer und Oranienburger Straße zu erwachen, doch weithin unbemerkt gestaltet sich die einstige Armeleutegegend zwischen Rosenthaler Vorstadt und Nordbahnhof um, wo das alte Kinderplanschbecken hinterm provisorischen Zaun eine bezirkliche Schande ist. Auch im dreizehnten Jahr des Jahrhunderts wurden solche Vorhaben verpatzt.

Der Weihnachtsmarktrummel hingegen ist privat installiert und materiell erfolgreich. Am Brandenburger Tor wiederum bezeugt die unabhängige jüdische Bewegung Chabad Lubawitsch mit einem 10 Meter hohen Chanukka-Leuchter wie in New York, dass nicht nur Weihnachten ansteht. Auch vor der Galeria Kaufhof am Alexanderplatz erinnert der große Leuchter acht Tage daran, dass in Berlin wie in aller Welt öffentlich und privat der historische Sieg einer kleinen Schar Juden über die gegnerische Armee, der Sieg des Lichts über die Finsternis sehr einfach, sehr fröhlich und weithin leuchtend gefeiert wird.