Warum ein ehemaliges Schulgrundstück in der Putbusser Straße so umkämpft ist

Das vormalige Gebäude des Diesterweg-Gymnasiums gleicht einem UFO, das im Brunnenviertel gelandet ist: knallorange und in manchen Stilelementen ähnlich dem ICC in Charlottenburg. In seiner Erbauungszeit galt die Architektur als besonders futuristisch, heute kann man sie als klassisch für das öffentliche Bauen der damaligen Zeit ansehen. 2011 wurde der Schulbetrieb in dem Gebäude beendet – zu viel umbaute Fläche für zu wenig Schüler*innen, lautete die Diagnose. Dass dies erst acht Jahre her ist, kann sich heute in den Zeiten des dramatischen Mangels an Schulplätzen kaum noch jemand vorstellen. Seit der Schließung entwickelte die Initiative ps wedding ein Nachnutzungskonzept für Gebäude und Grundstück. In der ursprünglichen Fassung sieht es den Bau von 320 Wohneinheiten vor, darunter mehr als drei Viertel mit Mieten unter 6,50 Euro.

Zugleich sollten eine Kita, Räume für soziale Träger und Kultur entstehen. Partner beim Wohnungsbau sollte die städtische Wohnungsbaugesellschaft degewo sein, die in einem Neubau etwa 180 der Wohnungen errichten sollte. Die Pläne von ps wedding sind ein Pilotprojekt für alternative Formen der Grundstücks- und der Quartiersentwicklung: zivilgesellschaftliche Initiativen und öffentliche Wohnungsbaugesellschaften Hand in Hand.  Im vergangenen Jahr standen die Pläne kurz vor der Umsetzung, die Grundstücksübertragung auf Landesebene war bereits vorbereitet, das Okay des für Liegenschaften zuständigen Finanzsenators lag ebenfalls vor.

Dann kam das Umdenken im Bezirk: die Schülerzahlen entwickeln sich steil nach oben, lange wurde dafür keine Vorsorge getroffen. Nun brennt es und die bebaubaren Flächen in Mitte sind rar. Zudem hatte der Bezirk das Grundstück als Fläche für Geflüchtetenwohnungen ins Visier genommen.

Die Initiatoren überarbeiteten ihre Pläne: könne man nicht Schule, Kita, soziales Zentrum und sogar Geflüchtetenwohnungen gemeinsam auf dem Grundstück unterbringen? Ein Runder Tisch unter Beteiligung der Koalition auf Landesebene, des Bezirksamtes, der BVV-Fraktionen sowie weiterer Expert*innen tagt nun, um einerseits Schulbedarfe und andererseits die innovative Idee von ps wedding unter einen Hut zu bringen. Bis September soll eine Lösung für das umkämpfte Grundstück gefunden sein.  

Tobias Schulze