Was ist eigentlich „die Antifa“?

Angesichts der Proteste gegen rassistische Polizeigewalt forderte Donald Trump kürzlich, „die Antifa“ als „terroristische Organisation“ einzustufen. Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken twitterte daraufhin: „58 und Antifa. Selbstverständlich.“ Nach Schimpfe von CDU und FDP distanzierte Esken sich schnell von „Gewalttaten ‚linker‘ Randgruppe“ und verwies darauf, dass „Antifa“ nur ein Kurzwort für „Antifaschismus“ sei.

Doch liegen beide Seiten falsch. Zwar gibt es die Antifa nicht als globale Kaderorganisation. Doch wenn Antifaschismus wirksam sein soll, dann muss er mehr sein als eine persönliche Haltung, er braucht Organisation. Das war so in den 1930er Jahren, als sich mit Eiserner Front und Antifaschistischer Aktion Bündnisse gegen den Aufstieg der NSDAP bildeten. Es war so, als Geheimgruppen wie die Rote Kapelle gegen die Nazis Widerstand leisteten, und als die Überlebenden sich ab 1945 in antifaschistischen Aktionsausschüssen zusammenschlossen.

Als in der BRD und später auch in der DDR neofaschistische Organisationen aufzogen, entstanden auch neue antifaschistische Gruppen, die anfangs vom Maoismus, später vom Anarchismus, Antiimperialismus und der italienischen Autonomia-Strömung beeinflusst waren. Trotz vieler Wandlungen und interner Konflikte besteht diese Strömung mit zahlreichen lokalen Antifa-Gruppen bis heute. Diese organisieren nicht nur Proteste gegen Nazi-Aufmärsche (teilweise inklusive Blockaden), sondern leisten auch Recherche- und Aufklärungsarbeit – und tragen damit weitaus mehr zur Aufdeckung neofaschistischer Strukturen bei als der sogenannte Verfassungsschutz (VS), der die NPD über ein V-Mann-Netzwerk finanzierte und die Ermittlungen zum NSU-Terror nach Kräften behinderte.

Der gleiche VS lässt hingegen antifaschistische Organisationen als „linksextrem“ bespitzeln. Das führt dazu, dass jüngst das Berliner Finanzamt der 1947 gegründeten „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten“ (VVN-BdA) wegen windiger Behauptungen des bayerischen VS die Gemeinnützigkeit aberkannt hat – ein herber finanzieller Schlag. Antifaschismus muss deswegen unbedingt auch heißen: Die antifaschistische Solidarität organisieren!

Markus Wollina