Weddings postkoloniale Straßen

Mitte

Kolonialismuskritische Rundgänge

im Afrikanischen Viertel


Der Verein „Berlin-Postkolonial“ organisiert Stadtrundgänge durch Berliner Viertel, die Straßennamen aus der Zeit des deutschen Kolonialismus tragen. Dabei spielt das „Afrikanische Viertel“ im Wedding eine besondere Rolle.

Denn es ist das älteste und flächenmäßig größte der ca. 30 vorhandenen Kolonialviertel Deutschlands. Ein Stadtrundgang wurde zuletzt am 11. Oktober durch dieses Viertel im Nordwesten des Wedding organisiert.

Dass sich Deutschland bis vor ca.100 Jahren aktiv und oft brutal an der Kolonialisierung und Ausbeutung des afrikanischen Kontinents beteiligt hat, ist kaum präsent im öffentlichen Bewusstsein. Die Stadtführungen sind eine Gelegenheit, mehr über diesen unbekannten Teil der deutschen Geschichte, aber auch etwas über den besonderen Hintergrund der Straßennamen zu erfahren.

Der Verein „Berlin-Postkolonial“ engagiert sich seit 2007 für eine antirassistische und kolonialismuskritische Kultur der Erinnerung in Berlin-Brandenburg.

Zum Beispiel ist es nach Jahren der Sensibilisierung der Öffentlichkeit im Juni 2012 endlich gelungen, wenigstens eine Informations- und Gedenkstele am U-Bahnhof Rehberge aufzustellen. Als die Tafel allerdings enthüllt wird, zeigt sich, dass sie so aufgestellt ist, dass sich der Text der Black Community lediglich auf der Rückseite befindet, während der von CDU und SPD begünstigte Bezirkstext, der von der Black Community als beschönigend und inakzeptabel abgelehnt worden war, die Vorderseite belegt!

Nach Erfahrungen von „Berlin-Postkolonial“ ist es auch relativ Wenigen bekannt, dass die Straßennamen nicht einfach an irgendwelche Länder oder Personen erinnern, sondern ausdrücklich der Verankerung der deutschen Kolonialherrschaft im Bewusstsein der Öffentlichkeit dienen sollten. Lüderitz, Nachtigal und Peters etwa sind für Viele immer noch „Gründerfiguren des Kolonialzeitalters“, deren Machenschaften bei der Annexion afrikanischer Länder, nämlich betrügerischer Landerwerb, Erpressung und militärische Gewalt bis hin zu brutalen Verbrechen aber viel zu wenig bekannt sind. Nur die Petersallee wurde vor 25 Jahren auf den kleinen Erklärungsschildchen von „Carl Peters“, dem berüchtigten Rassisten, zu „Hans Peters“, einem Stadtverordneten, „umbenannt“ Wären bessere Informationen und eine Umbenennung nicht angebracht?

Infos unter:www.berlin-postkolonial.de

Rainer Scholz