Wetterwechsel zum Guten

Ich teile gern der Leute gute Laune, wenn plötzlich die Sonne unter blauem Himmel gleißt. Eine Frau rennt in mich hinein. Wir lachen. Sonnenhut täte gut. Noch ist Januar. Auffallen würde ich nicht. Rundum und zwischen Rosenthaler Platz bis Invalidenstraße herrscht gerade Fashion Week. Als imposante Location firmiert das 1904 gebaute Warenhaus Jandorf, später DDR-Modeinstitut. Nach traurigem Leerstand garniert momentan Kleidung die großen Schaufenster. Man drückt sich zwar nicht die Nasen platt, aber sieht hin. Schöne Menschen flanieren auch in weißen Sommerschuhen durch die Gegend. Abends sind die Restaurants übervoll, an den Ecken drängt es. In der Brunnenstraße strahlt eine große Wand kandinskyfarben. Daneben das letzte leere Baugrundstück der Gegend. Die öffentliche Werbung für Potsdams Klassiker der Moderne ist schön. Das neue Barberini-Museum lockt bis Ende Mai mit Liebermann, Munk, Nolde, Kandinsky. Dank privater Spender ist das kriegszerstörte, später plattgemachte Palais gleichen Namens herrlich auferstanden, die Kunst kommt aus Privatsammlungen, der DDR und ist deutsche Moderne.

Schon vergessen habe ich Neujahr und böllernde Raketen. Danach braute sich politischer Krach zusammen. Jetzt traf ich junge Leute aus Mitte, die nicht wussten, dass wir eine neue Regierung haben. Sie suchten Starbucks’s Rosenthaler Straße, direkt an den Hackeschen Höfen, aber das gibts nicht mehr. Ich habe „distrikt mot" entdeckt, Saigon Streetfood in der Rosenthaler Straße, schräg gegenüber vom versteckten Chen Che, wo es sommers im exotischen Garten blüht und zirpt. „District mot“, mit Akzent auf dem O, Saigons Distrikt Nummer 1, erklärt der kleine Kellner. Hier isst und sitzt man authentisch, Ambiente und Angebot sind so gut, dass abends in langer Schlange bis vor die Tür auf Plätze gewartet wird.

Völlig überlaufen ist auch „Frau Luna“ im TIPI am Kanzleramt. Meine wunderbaren Freunde kauften rechtzeitig Karten für den Schmiss mit Schnauze. Wir beklatschten Schlösser im Mondenschein und Berliner LuftLuftLuft, fanden komisch, dass draussen ein Taxifahrer ins Handy schrie: „Wattt willste denn, Mannn?“

Soviel Berliner Lokalklang gibt es selten.

Für `ne kleene Molle war es leider zu spät.

Irene Runge