Wir lernen und verändern uns in Zeiten der Corona-Krise

Von Carola Blum, Vorsitzende der Linksfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus

 

Was wir brauchen in diesen Tagen und Wochen: Ermutigung ohne Beschönigung der Situation.

Ermutigend sind die Menschen, die mit ihrem täglichen Tun unser Gemeinwesen in diesen schwierigen Zeiten am Laufen halten: In der Pflege, im Krankenhaus, in Apotheken, bei der Feuerwehr und Polizei, in den Notbetreuungen von Schulen und Kitas, im Supermarkt, in den Verkehrs-, oder Entsorgungs- und anderen wichtigen Bereichen.

Ermutigend ist, dass wir auf politischer Ebene, in den Verwaltungen, in den Gesundheitseinrichtungen und Ämtern gemeinsam daran arbeiten, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Und dass wir dies transparent tun. Wir wissen, was wir den Berlinerinnen und Berlinern abverlangen, und ich möchte mich für deren solidarisches und kluges Verhalten bedanken.

Die Welt wird nach dieser Krise eine andere sein und deshalb werden wir uns ändern und viel verändern müssen. Wir merken jetzt, dass ein ausschließlich ökonomisch optimiertes System zwar in guten Zeiten funktionieren kann, in schwierigen Zeiten jedoch nicht ausreichend hat, von dem sich zehren lässt. Wir sehen, wie wichtig Vorsorge in guten Zeiten ist, weil nur sie umfassende Fürsorge ermöglicht, wenn schwere Zeiten anbrechen.

Auch wir in Berlin bilden da keine Ausnahme und tragen Mitverantwortung für prekäre Arbeitsbedingungen und Personalmangel. Die Prozesse der Effizienzsteigerung im Gesundheitswesen hatten zur Folge, dass wichtige Reserven abgebaut worden sind. Kapazitäten, die wir jetzt dringend bräuchten, müssen wir nun schnell und teuer schaffen. Das darf nicht noch einmal passieren.

Worauf es jetzt ankommt ist, alle Menschen, die sich um unsere Versorgung, unsere Gesundheit, um Pflege und um Fürsorge kümmern, in ihrer Arbeit zu unterstützen. Indem wir uns an die Regeln halten, aber auch, indem wir schnellstmöglich alle notwendigen Mittel zur Verfügung stellen, um Leben zu retten, Versorgung zu sichern und Not zu mildern und sich selbst dabei schützen zu können.

Wenn wir in Zukunft über Arbeitsbedingungen und Bezahlung in Fürsorgeberufen und im Gesundheitssystem debattieren, über die Ausstattung dieser Systeme und die Unterstützung, die sie brauchen, dann müssen und werden wir uns dieser Krisenzeiten zu erinnern haben und die richtigen Entscheidungen treffen.

Es ist schwer, angesichts der ungeheuren Dynamik und des Handlungsdrucks jeden Tag von Neuem abzuwägen, welche Einschränkungen notwendig sind, und dabei stets das hohe Gut individueller Freiheit und eines demokratisch verfassten Gemeinwesens zu schützen. Und es ist beruhigend, dass hier niemand einen Überbietungswettbewerb beginnt, wir stattdessen die Verantwortung sehen, Augenmaß zu wahren und besonnen zu bleiben. Der öffentliche Raum ist essenziell für eine freie, demokratische Gesellschaft. Wir dürfen in keinem Augenblick die Menschen aus den Augen verlieren, deren privater Raum aufgrund finanzieller und sozialer Verhältnisse prekär ist.

Diese Krise zeigt, wo unsere Schwächen liegen, daraus werden wir lernen. Vor allem aber macht sie deutlich, wie stark unser Gemeinwesen ist. Wir werden uns – egal, wie lange die Krise dauert – umeinander kümmern und füreinander da sein.