Zweites Zuhause mit Angelika Hoffmann

Marode aber beliebt: der Jugendclub Badstraße


Inmitten der quirligen Gesundbrunnener Flaniermeile zwischen Döner-Center, Cafe "Anatolia", üppigen südländischen Gemüseläden und Billigdiscountern ist auf einem Hinterhof etwas versteckt der Jugendclub Badstraße.
 
Vom Montag bis Freitag  kommen täglich bis zu 50 Kinder und Jugendliche aus der Umgebung zum "Chillen" in die Einrichtung des Bezirksamtes Mitte, was für sie Spielen, Sport, miteinander Reden und Lachen oder einfach nur Ausruhen von Schule, Lehre, Arbeit oder von Zuhause bedeutet.

Angelika Hoffmann ist für sie die Bezugsperson, die Vertraute, die immer da ist, wenn es Fragen oder Probleme gibt. Die fast 60jährige Erzieherin und ihr Kollege Tahsin San sind sozusagen für Stunden die Ersatzeltern für die Mädchen und Jungen aus Einwandererfamilien, in denen zu Hause kein Deutsch gesprochen wird und die oft von Hartz IV leben. "Unsere Eltern weisen uns einen Weg, hier werden uns mehrere Wege gezeigt, die wir ausprobieren können, und das ist richtig gut", sagt die 16jährige Sadika. Deshalb kommt sie mit ihren Freundinnen fast jeden Tag in den Club.

"Unsere Besucher finden bei uns eine gewisse Intimsphäre, sie sind unter sich, keiner bevormundet jemanden, sie fühlen sich viel wohler als auf der Straße", meint Angelika Hoffmann. Die gebürtige Neuköllnerin erlernte von der Pike auf die Kinder- und Jugenderziehung, arbeitete fast 20 Jahre im Kinderheim "Frohsinn", ein Jahr in einem Integrationskindergarten. 1993 wurde sie im Jugendclub in der Badstraße 10 angestellt. Damals war der noch im Vorderhaus des denkmalgeschützten Neobarockbaus. Im selben Jahr hatte die Gesamtschule dort den Namen Willy Brandts erhalten.

 

Das Jahr 2014 ist erst einmal finanziell gesichert 

 
"Völlig verzweifelt mussten wir 2009 unseren beliebten Treff wegen Geldmangel schließen", denkt Angelika Hoffmann zurück. "Nach zwei Jahren konnten wir dann zurückkehren, aber nur auf den Hinterhof, mit in die kleineren beiden Freizeiträume der Schule. Aber wenigstens gab es uns wieder!" Inmitten eines sozialen Brennpunktes in Berlin können die jungen Leute Tischtennis oder Billard spielen, Musik hören, miteinander tanzen, Geburtstage feiern, haben ein zweites Zuhause. "Wir helfen, wenn wir darum ersucht werden, wir beraten, wenn wir gefragt werden - aber alles ganz freiwillig", betont die staatlich anerkannte Erzieherin. Freie Mitarbeiter kommen ins Haus, um Anleitung beim Gitarre spielen und Trommeln zu geben. Oder sie organisieren Fußballspiele und Tenniswettkämpfe.
 
"Das Jahr 2014 ist finanziell gesichert", betont Angelika Hoffmann. "Aber das Geld fehlt von vorn bis hinten." Die abgewetzten Sofas, der uralte Couchtisch müssten mal ersetzt werden, die Tonanlage erneuert. Wo anderenorts in Berlin mit Prunk und Gigantismus nicht gespart wird, sind bei den Heranwachsenden Bescheidenheit und marode Ausstattung angesagt. Frau Hoffmann und Tahsin San wollen aber durchhalten, mindestens die Jahre noch bis zu ihrer Rente. Möge der Jugendclub Badstraße noch lange weiter existieren!

 

Matthias Herold