Stadt sein. Welt werden.

Karl-Marx-Allee I und II, Hansaviertel, Corbusierhaus: In Ost- und Westberlin wurde nach dem Krieg soziale Moderne als Wohnstadt und Lebensort geplant und in die Welt gebaut. Im Wettstreit der Systeme, der zu jenen Zeiten ein kalter Krieg war. Aber dies – das Bauen, das Planen der neuen, modernen Stadt auf den Trümmern des Krieges – war ein friedlicher Wettstreit.

Ein Wettstreit, der große Architekten (kaum Architektinnen) auf den Plan gerufen hat, die ihre unterschiedlichen Vorstellungen davon, wie Menschen künftig wohnen, arbeiten, sich durch Stadt bewegen, Stadt nutzen, aufs Reißbrett brachten. Vieles wurde realisiert. Und vieles war, das lässt sich nicht leugnen, ideologisch befrachtet, spiegeln doch Architektur und Stadtplanung immer auch gesellschaftliche und ökonomische Übereinkünfte.  

Seit 1990 sind die Stadtgebiete gemeinsames Erbe. Aber es brauchte Zeit, das auch so zu betrachten. Zuerst einmal wurden in einem Teil der Stadt Bauten der Nachkriegsmoderne geschleift (Ahornblatt, Palast der Republik), fehlte es in dem anderen Teil an ausreichend Behutsamkeit im Umgang mit den vorhandenen Schätzen, überformte die Idee von der konsumgerechten Stadt ganze Quartiere mit Malls und Shoppingangeboten, in denen nachts Totentanz ist. Kämpften jedoch zugleich viele dafür, das Unverwechselbare und Besondere Berlins zu bewahren.

Karl-Marx-Allee I und II, Hansaviertel, Corbusierhaus sind weltweit einmalig. Geteilt und wiedervereint. Und es besteht die Chance, dass sie Weltkulturerbe werden. Ich finde, dass dies mehr wäre als ein schmückender Titel, eine bloße Geste, ein Argument fürs Stadtmarketing.

Shared Heritage, geteiltes Erbe, wäre ein Beitrag – die Bürger*innen und die Politik haben in der Vergangenheit bereits viel dafür geleistet –, die innere Einheit Berlins zu stärken. Aber brauchen wir dafür diesen Titel? Und wird uns das Weltkulturerbe nicht eine Form des Bewahrens und Erhalts auferlegen, die dem Vorhaben, die Stadt klimagerecht und klimafest zu gestalten, entgegensteht? Darüber gilt es mit den Menschen, die in den Häusern wohnen und in den Quartieren leben, mit Politik, Stadtplanung, Kritiker*innen und Fürsprecher*innen zu diskutieren.

Unser gutes Vorhaben, das u.a. am 14. November im Kino International zu tun, müssen wir verschieben, denn in Corona-Zeiten können Pläne für große Zusammenkünfte erst einmal nicht umgesetzt werden. Wir machen einen neuen Anlauf im kommenden Jahr.

 

Carola Bluhm, Mitglied des Abgeordnetenhauses