Affront gegenüber Antifaschisten - Umgehend Gemeinnützigkeit des VVN-BdA wieder herstellen

Seit Anfang November ist die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) in die Medien geraten. Das Berliner Finanzamt für Körperschaften hat für den Bundesverband der VVN-BdA, dessen Geschäftsstelle seit 2003 in Berlin ist, die Gemeinnützigkeit für den Zeitraum 2016 bis 2018 außer Kraft gesetzt. Dem schlossen sich daraus ergebende Steuernachforderungen im fünfstelligen Bereich an. Die Finanzbehörde berief sich in ihrer Entscheidung auf den bayerischen Verfassungsschutz, der seit vielen Jahren behauptet, der Bundesverband der VVN-BdA sei die bundesweit größte linksextremistisch beeinflusste Organisation des Antifaschismus. Der Bundesverband hat sofort Widerspruch eingelegt.

Es bleibt ein politischer Skandal, wenn das Finanzamt nach langjähriger Akzeptanz des Bundesverbandes als zivilgesellschaftliche und antifaschistische Organisation plötzlich die Gemeinnützigkeit aufkündigt und damit deren vielseitige Tätigkeit erheblich einschränkt.

Dieser Entscheid ist auch ein Affront gegenüber den Verfolgten des Naziregimes, derer seit Jahren am 27. Januar und am 20. Juli gedacht wird. Die Bundeskanzlerin würdigte 2019 den Widerstand in aller Breite und Vielfalt, den von Klaus von Stauffenberg wie auch von all den anderen Widerstandsgruppen, dem kommunistischen Widerstand, der Opposition in evangelischen und katholischen Kirchengemeinden, von verfolgten Jüdinnen und Juden sowie der  Roma und Sinti. Als Angela Merkel die „Rote Kapelle“ erwähnte, dachte ich an meine Eltern. Zehn Wochen nach ihrer Festnahme kam ich Ende November 1942 in einem Berliner Frauengefängnis zur Welt. Meine Eltern wurden in der Hinrichtungsstätte Plötzensee ermordet. Seit Jahrzehnten engagiere ich mich in den Reihen der VVN-BdA, werde in Schulen eingeladen, über das Leben und den Widerstand meiner Eltern und der „Roten Kapelle“ zu berichten.

Mit dem Entzug der Gemeinnützigkeit begann eine breite solidarische Protestbewegung. Zuerst haben sich die Auschwitzüberlebende Esther Bejarano und der Überlebende des KZ Buchenwald Günter Pappenheim, Vizepräsident des Internationalen Komitees Buchenwald-Dora, sowie weitere Mitstreiter*innen in offenen Briefen an den Bundesfinanzminister und den Berliner Finanzsenator sowie  an das Finanzamt I gewendet.  Die Anfang November im Internet gestartete Petition „Die-VVN-BdA-muss-gemeinnützig-bleiben“ haben über 25.000 Frauen und Männer unterzeichnet. Über 1.000 von ihnen haben ihren Eintritt in unseren Verband erklärt, davon 320 in Berlin.

Inzwischen liegt dem Bundesverband ein erster Bescheid vor. Darin hat das Finanzamt für Körperschaften die Vollziehung des ergangenen Steuerbescheids wegen „unbilliger Belastung des Vereins“ ausgesetzt. Im Widerspruch zu dem sich ausweitenden Rechtsextremismus, Antisemitismus, Rechtsnationalismus und Rechtspopulismus benötigt unser Gemeinwesen mehr antifaschistisches Engagement. Eine Voraussetzung ist  die umgehende Wiederherstellung der Gemeinnützigkeit für den Bundesverband der VVN-BdA.

Dr. Hans Coppi, Ehrenvorsitzender der Berliner VVN-BdA

(Dieser Artikel erschien bereits in der Januar 2020 - Ausgabe der Mittendrin, aus Aktualitätsgründen stellen wir ihn noch einmal ein.)