Suchthilfe und Sozialarbeit statt Law and Order am Leopoldplatz!

Die Situation am Leopoldplatz spitzt sich immer weiter zu. Der Druck im Kessel ist groß und die starke Nutzung des Platzes zeigt seine Spuren in der Nachbarschaft und bei den Drogenkonsumierenden auf und um den Platz.

 

Auf der einen Seite stehen die Drogenkonsumierenden auf dem Leopoldplatz im Aufenthaltsbereich hinter der alten Nazarethkirche, welcher für die Anzahl, der sich dort aufhaltenden Süchtigen, nicht ausgelegt ist.

Auf der anderen Seite steht die Nachbarschaft. Diese leidet unter dem offenen Konsum, der steigenden Gewalt und auch der Präsenz der Konsumierenden in den Seitenstraßen und direkt neben einem Spielplatz. Die Debatte um den Leopoldplatz konzentriert sich derzeit immer mehr auf sicherheitspolitische Maßnahmen wie mehr Polizei oder installierte Kameras. Das löst das Problem jedoch nicht, sondern führt nur zu einer Verdrängung und Verlagerung des Konsums und des Aufenthalts tiefer in Seitenstraßen oder an andere Plätze.


Die Fraktion DIE LINKE. in der BVV Berlin Mitte fordert deswegen die Einrichtung eines festen Drogenkonsumraumes am Leopoldplatz und weitere soziale Maßnahmen – sowohl am Platz als auch für ganz Berlin – was allen Nutzergruppen des Platzes zugutekommen wird.

Es ist wichtig, dass die Polizei bei akuten Gefahrenlagen die Nachbarschaft unterstützt und in bedrohlichen Situationen nicht wegsieht. Jedoch ist das Instrument erhöhter Polizeipräsenz auf dem Platz ohne akuten Anlass kontraproduktiv: Es verdrängt die Menschen vom Platz, ohne ihnen einen Ausweg aus der Sucht oder Unterstützung zu bieten. Das Problem wird nicht gelöst, sondern nur verlagert. Deswegen unterstützten wir die Forderungen der Bürgerinitiative „Wir am Leo“ nach mehr geschützten Konsumräumen, aber auch nach mehr Geld für die Gewalt- und Kriminalitätsprävention und nach mehr Einbeziehung der Anwohnenden.

 

Jacqueline Sanehy, gesundheitspolitische Sprecherin, und Martha Kleedörfer, wohnungs- und ordnungspolitische Sprecherin, erklären hierzu:

„Hier am Leopoldplatz haben wir es mit einem Problem größerer Dimension zu tun: Armut, Obdachlosigkeit, politisches Versagen in der Wohnungspolitik und in der Integration zugewanderter Menschen. Denn: Selbst, wenn Drogenkonsumierende bereit sind, clean zu werden, fehlt ihnen oft die Voraussetzung für Leistungen wie Unterbringung in Unterkünften oder medizinischen Leistungen. Menschen, die Hilfe brauchen, dürfen nicht im Stich gelassen werden. Deswegen fordern wir die Verantwortlichen in Bezirk und Land auf, soziale und gesundheitliche Angebote bedarfsgerecht auszubauen — anstatt die Leute mit mehr Polizei einfach nur zu verdrängen. Fixpunkt e.V. leistet bereits sehr wertvolle Arbeit für die Menschen am Platz, ist aber machtlos gegenüber der großen Zahl an Süchtigen. Es müssen dringend Räumlichkeiten am Leopoldplatz für einen Konsum- und Aufenthaltsraum gefunden werden — zum Beispiel im zukünftigen Karstadt-Gebäude —, um die Entlastung des Leopoldplatzes zu erreichen. So können die Bedürfnisse der Nachbarschaft ebenso wie der Drogenkonsumierenden berücksichtigt werden.“

 

Unsere konkreten Forderungen sind:

  • Die Einrichtung eines festen Drogenkonsumraumes am Leopoldplatz. Auf der Suche nach einem Ort dafür, müssen alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden. Signa steht z.B. als Eigentümer des zentral gelegenen Karstadt-Gebäudes am Leopoldplatz in der Verantwortung! Bis ein fester Raum gefunden ist, müssen kurzfristig vorübergehende Lösung gefunden werden, wie beispielsweise ein Aufenthaltsraum in beheizten und mit Sanitären Anlagen ausgestatteten Containern.
  • Die Einrichtung eines „Hauses der Hilfe“ am Leopoldplatz, wie es von der Leitung des Sozialamtes schon lange vor dieser Zuspitzung der Situation am Leopoldplatz überlegt und vorgeschlagen wurde. Dieses beinhaltet eine Hygienestation mit Bad und Dusche, eine Kontaktstelle mit Beratungsangeboten von Fixpunkt e.V. sowie einem Konsumraum und integrierten Aufenthaltsbereich. So kann der Platz entlastet werden, was allen Nutzergruppen zugutekommt.
  • Eine konkrete Ansprechperson im Bezirksamt, die für die Anliegen der Nachbarschaft und ohne Termin erreichbar ist.
  • Unterstützung der Nachbarschaft bei der Reparatur von aufgebrochenen Türschlössern.
  • Eine stärkere Straßenbeleuchtung auf und um den Platz.
  • Eine Ausweitung der Angebote sozialer Arbeit am Leopoldplatz, auch in den Abendstunden. Diese Angebote müssen auf die Bedarfe der Süchtigen ausgelegt sein: Mehrsprachig, interkulturell kompetent und deeskalierend.
  • Ausweitung des Platzdienstes, auch in den Abend- und Nachtstunden.
  • Für ganz Berlin gilt: Eine Ausweitung der Drogenkonsumräume und Aufenthaltsräume für die Szene in Verzahnung mit Angeboten Sozialer Arbeit. So kann langfristig dazu beitragen werden, dass sich die Szene nicht an einem Platz bündelt. Die Suchthilfebeauftragte des Bezirks Mitte, Frau Scholz, hat dazu schon vor mehreren Monaten u.a. im Ausschuss für Gesundheit der BVV Mitte detaillierte Vorschläge und Überlegungen unterbreitet.
  • Angebote der Unterbringung für obdachlose Menschen, die sich am Leopoldplatz aufhalten. Hier müssen Unterkünfte, am besten nach dem Modell von „Housing First“, zur Verfügung gestellt werden, deren Voraussetzung es nicht ist, drogenfrei zu sein.
  • Erleichterung für Gesundheitsleistungen wie Substitution und Entzugsunterstützung ohne Krankenversicherung.
  • Der kontinuierliche und intensive Austausch mit Städten, die bereits länger Erfahrungen mit Crackkonsum haben, z.B. Frankfurt am Main.
  • Keine Verdrängung, keine Kameras, keine Polizeistation. Alle Nutzende des Leopoldplatzes haben das Recht, sich in der Öffentlichkeit aufzuhalten. Menschen, die Hilfe benötigen, sollen diese in Form von sozialen Angeboten erhalten. Dies hilft allen Nutzergruppen!