Kartoffeln und Geschichten in der Schillingstraße: Björn Heinrich

Kennen Sie noch oder schon die Moor-Leyla oder die Rote Laura ? In der Schillingstraße sind sie jeden Donnerstag die Renner, werden von vielen Anwohnern immer wieder voller Appetit erwartet. Da kommt Björn Heinrich in einem weißen Lieferwagen und baut seinen Stand auf: mindestens 15 Kartoffelsorten bringt er jedesmal mit,  darunter mit exotisch klingenden Namen wie die walnussgroßen Topinambur, die rotfleischigen Rouge Flandre aus der Normandie, die Blauen Schweden oder die Bamberger Hörnchen, die ältesten deutschen Erdäpfel von der Lüneburger Heide.
 
"Die eine Hälfte meiner Arbeit besteht aus dem Verkauf", sagt der 39jährige, "die andere aus Geschichten über Herkunft, Qualität, Geschmack der Knollen". Kunden nennen das Gericht, das sie kochen möchten, Björn Heinrich empfiehlt ihnen dafür die beste Sorte und Möglichkeiten der Zubereitung. Über 16 Jahre hat er reiche Kartoffel-Erfahrungen gesammelt, viele Bücher gelesen, Gespräche mit Köchen und Hausfrauen geführt. 

Eigentlich hat der gebürtige Berliner den Beruf eines Dachdeckers erlernt. "Neben der Ausbildung und den ersten Arbeitsjahren wollte ich mir noch etwas hinzuverdienen, half auf Wochenmärkten, schleppte Kisten und Säcke und fing auch schon an mit zu verkaufen - und das zufällig an einem Kartoffel- und Gemüsestand", erinnert er sich gern. Daraus wurde dann sein neuer Job, bis er im Mai 2012 selbständig wurde, sich seinen eigenen Stand kaufte. „Das habe ich nie bereut, diese Arbeit macht mir viel Spaß", betont der schlanke, hochgewachsene Mann. 

"Besonders gern bin ich hier"


Täglich kauft Björn Heinrich auf den Großmärkten in der Beusselstraße und am Tempelhofer Damm frische saisonale Produkte ein. "Vorzugsweise regionale wie aus dem Ruppiner Land aber auch Frühkartoffeln aus Italien und Zypern", soll ich unbedingt aufschreiben. Frische und einwandfreie Qualität sind für ihn Voraussetzungen. An vier Tagen in der Woche steht sein Stand  auf Märkten, auch in Charlottenburg, auf dem Neuköllner Hermannplatz und auf dem Herrfurthplatz im Schillerkiez. Zu seinen Kunden gehören aber auch Bio-Läden, Kantinen und Gourmet-Restaurants wie das sizilianische "Bocconi" in der Schlüterstraße, das die Rote Laura für seine begehrten Gnoccis bezieht. Im Durchschnitt gehen täglich viereinhalb Zentner Kartoffeln über den Verkaufstisch.  

"Besonders gern bin ich aber hier in der Schillingstraße", hebt Björn Heinrich hervor. "Hier gibt es viele Käufer, die sich freuen, die Leyla und die Laura aus früheren Jahren wieder anzutreffen, die längst aus den Supermärkten verschwunden sind. Die meist etwas älteren Kunden machen besonders gern ein Schwätzchen mit mir." Vor Weihnachten hat er allen mitgeteilt, dass er jetzt "leider" erst einmal für drei Wochen in den Urlaub geht nach einem langen Jahr ohne Pausen. "Lassen Sie uns nicht zu lange warten", gibt ihm eine Stammkundin aus der benachbarten Singerstraße mit auf den Weg. "Auf Ihre Kartoffeln wollen wir nicht mehr verzichten".                       

Matthias Herold  
    
Jeden Donnerstag in der Schillingstraße: Björn Heinrich