Bezahlte Gelbwesten - Die Immobilienlobby macht mobil gegen den Mietendeckel

Wer am 9.12. die Facebook-Seite der FDP Berlin besuchte, sah ein merkwürdiges Foto: Parteichef Sebastian Czaja in gelber Warnweste, Seite an Seite mit Handwerkern im Protest gegen den Senat. Hatte die Partei des Großkapitals im Klassenkampf die Seiten gewechselt? Schön wär’s – aber Czajas Gelbweste war nur ein Kostüm, die Demonstration lediglich eine Vorführung mit bezahlten Schauspielern.

Verschiedene Immobilienunternehmen hatten nämlich kürzlich gedroht, wegen des Mietendeckels ihre Sanierungs- und Neubautätigkeit massiv zurückzufahren. Der Dachverband „Fachgemeinschaft Bau“ rief deshalb zum Protest auf – aber nicht gegen die bauunwillige Immobilienwirtschaft, sondern gegen den Mietendeckel! So versammelten sich vor dem Brandenburger Tor ein paar Hundert Leute, um den Mietendeckel „aufzuhängen“ (so die Meldung des Lobbyverbands Zentraler Immobilien Ausschuss). Etwa 90 % der Teilnehmer waren abgesandte Beschäftigte der teilnehmenden Betriebe, denen die Demo als Arbeitszeit angerechnet wurde. Professionell vorgedruckte Protestschilder, Trillerpfeifen und gelbe Westen wurden von den Organisatoren gestellt. Auf der Bühne wurde das Schreckensszenario eines linksextremen Systemwechsels gemalt, der Berlin letztendlich in ein Ruinenfeld verwandeln würde.

So lächerlich die Aktion war – sie zeigt, dass die Immobilienlobby angesichts der breiten Proteste für leistbaren Wohnraum langsam ihre Strategie ändert. Statt die Mietenbewegung nur als realitätsfern zu beschimpfen, werden deren Organisations- und Aktionsformen für die eigenen Zwecke instrumentalisiert. So gründeten Vertreter des rechten SPD-Flügels und des Vereins Berliner Kaufleute und Industrieller im Sommer die PR-Organisation „Neue Wege für Berlin“. Diese gibt sich als Graswurzelbewegung für die Schaffung bezahlbaren Wohnraums, agitiert aber vor allem gegen Mietendeckel und Sozialisierung und lässt von uniformierten „Promotern“ (Bekleidungsvorschrift: Jeans, Turnschuhe und Initiativen-T-Shirt) für 13 Euro pro Stunde Unterschriften für ein Volksbegehren sammeln.

Für die mietenpolitische Bewegung heißt es daher: Nicht für dumm verkaufen lassen und dem gekauften Pseudo-Protest mit eigener Energie entgegentreten!

Markus Wollina