Das Haus des Reisens – ein Denkmal mit Zukunft

Der Alexanderplatz wirkt vor allem als Ensemble,als großflächiges Zeugnis der DDR-Moderne. Doch gibt es hier auch Einzelgebäude, die für sich herausragende Wirkung haben – wie das 1969-1971 erbaute „Haus des Reisens“ an der Alexanderstraße. Die Architekten Roland Korn, Roland Steiger und Johannes Briske entwarfen hier ein spannend gegliedertes Bauwerk aus zwei leicht gegeneinander verschobenen Baukörpern und einem breiten Sockelgeschoss, dessen Dächer sich wie Flügel empor schwingen. Der Name, den das Gebäude wegen seiner Nutzung als Hauptsitz des Reisebüros der DDR erhielt, wird durch das Wandrelief „Der Mensch überwindet Zeit und Raum“ von Walter Womacka unterstrichen. Den baukünstlerischen Wert des Hauses würdigte auch der Senat, als er es im letzten Juli zusammen mit anderen Bauten am Alexanderplatz unter Denkmalschutz stellte.

Aber bis zu dieser Anerkennung war es ein weiter Weg. Der Masterplan von Hans Kollhoff sah 1993 noch vor, das Haus abzureißen und an seine Stelle ein neues Hochhaus zu setzen. Die Umgestaltung des Alexanderplatzes verlief jedoch schleppend, weil der Großteil der neuen Eigentümer ihre Grundstücke lieber als Wertanlage statt für tatsächliche Bautätigkeit nutzten – zum Glück für den Platz, dem so bislang eine dicht gedrängte Hochhausbebauung erspart blieb. Das Alex-Workshopverfahren im letzten Jahr ergab schließlich den Erhalt für das Haus des Reisens. Der geplante Neubau wird „auf den Hinterhof“ an der Theanolte-Bähnisch-Straße verwiesen.

Heute beherbergt das Haus des Reisens eine bunte Mischung von Gewerbenutzungen: von Immobilienfirmen über eine Berufsfachschule für Altenpflege bis zum Fitnessstudio. Am bekanntesten ist das Gebäude aber als Teil des Berliner Nachtlebens, als Standort von Clubs wie „Traffic“ und „House of Weekend“.

Trotz der regen Nutzung fehlt ein klares Konzept für die Zukunft. Weil 20 Jahre lang eine imaginäre Abrissbirne über den Dächern schwebte, vermied der Eigentümer, die „Alexanderplatz 5 GbR“, grundlegende Renovierungsarbeiten. Mit der Verleihung des Denkmalstatus und der Anpassung des Masterplans ist die Planungsgrundlage für einen langfristigen Erhalt geschaffen. Der neue Senat und die neue Bezirksverwaltung sind gut beraten, darauf zu achten, dass damit auch die Möglichkeit zur umfassenden Sanierung bei Bewahrung der baukünstlerischen Werte dieses für die Stadtmitte prägenden Gebäudes genutzt wird.

Markus Wollina